Hallo Ihr Lieben,
im Rahmen meiner kleinen Beitragsserie zum Thema „Vom Zählen zur Mandelbrotmenge” habe ich im Zusammenhang mit der Vorstellung der Rationalen Zahlen vollmundig behauptet, man könne die Prinzipien der Bruchrechnung ziemlich anschaulich darlegen und insoweit auch den Mathematikaversen unter Euch nahe bringen. Mit diesem Beitrag möchte ich den Versuch unternehmen, genau dies zu tun.
Multiplikation
Fangen wir dazu mit der Multiplikation zweier Brüche an. Wir erinnern uns daran, dass man Brüche multipliziert, indem man oben die beiden Zähler multipliziert, unten die beiden Nenner multipliziert und dann die jeweiligen Ergebnisse in den Zähler bzw. Nenner des Ergebnisbruchs schreibt. Aber warum ist das eigentlich so?
Betrachten wir dazu ein Beispiel:
Da ein Bruch der Form 3/2 oder eben auch 4/5 der Rechenaufgabe 3÷2 bzw. 4÷5 entspricht, kann man das obige Beispiel auch so schreiben:
Wir erinnern uns: was in Klammern steht, wird immer zuerst ausgerechnet, bevor außerhalb der Klammer weitergerechnet wird. Im obigen Fall soll damit ausgedrückt werden, dass die 3 nicht etwa durch 2×4 – also durch 8 – sondern wirklich erst durch 2 geteilt werden soll, bevor das Ergebnis anschließend mit 4 multipliziert werden und zu guter Letzt das alles wieder durch 5 geteilt werden soll.
Ist es aber eigentlich ein Unterschied, ob ich die 3 zuerst durch 2 teile und das Ergebnis dann mit 4 multipliziere oder die 3 erst mit 4 multipliziere und das Ergebnis dann durch 2 teile? Nein, ist es nicht. Es kommt in beiden Fällen dasselbe heraus. Um das zu glauben, schauen wir uns zunächst an, was passiert, wenn man drei Kuchen erst halbiert und die drei Hälften dann vervierfacht:
Wie man sieht, erhält man am Ende zwölf Kuchenhälften oder eben sechs ganze Kuchen. Jetzt machen wir es zur Probe umgekehrt: wir vervierfachen zuerst unsere drei Kuchen und halbieren all diese vielen Kuchen anschließend:
Wiederum erhalten wir am Ende zwölf Kuchenhälften oder sechs ganze Kuchen. Wir können unsere obige Rechnung daher auch so schreiben:
Wir multiplizieren die 3 also erst mit der 4 und teilen dann durch 2 anstatt umgekehrt – wissend, dass Dasselbe herauskommt wie vorher. Jetzt haben wir also schon mal verstanden, warum wir die Zähler multiplizieren.
Und warum multiplizieren wir dann die Nenner? Naja, so wie wir es zuletzt geschrieben haben, teilen wir den neuen Zähler erst durch 2 und das Ergebnis dann durch 5. Aber dann hätten wir es doch auch genauso gut gleich durch 2×5 – also durch 10 – teilen können:
Unsere Rechnung lässt sich daher also auch so schreiben:
Wir teilen jetzt also den neuen Zähler durch das Produkt der beiden alten Nenner. Schreibt man das als Bruch, so steht genau das da, was als Ergebnis der Multiplikation zweier Brüche hätte rauskommen sollen:
So weit, so gut.
Addition
In der Schule haben wir gelernt, dass man zwei Brüche zunächst auf einen gemeinsamen Nenner bringen muss, bevor man sie addieren kann. Aber was bedeutet es eigentlich genau, zwei Brüche auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen? Naja, ganz ehrlich: wie soll man denn auch zwei Drittel und drei Viertel addieren?
Irgendwie ist das doch so, als wollte man Äpfel und Birnen addieren.
Die Lösung: man drückt beides als „Äpfelbirnen” aus. Das heißt in unserem Beispiel, dass man jedes der beiden Drittel viertelt (und damit acht Drittelviertel bzw. Zwölftel erzeugt) und jedes der drei Viertel drittelt (macht neun Vierteldrittel bzw. Zwölftel):So erhält man dann acht plus neun Zwölftel, also siebzehn Zwölftel:Wir haben also im Wesentlichen dafür gesorgt, dass wir nicht Äpfel und Birnen addieren, sondern haben stattdessen die Äpfel zunächst hinreichend birnig und die Birnen hinreichend äpfelig gemacht. Mit anderen Worten: wir haben einen Nenner gesucht, den man sowohl ganzzahlig dritteln als auch ganzzahlig vierteln kann (soll heißen, er muss ein Vielfaches von 3 und gleichzeitig ein Vielfaches von 4 sein). Das geschieht am einfachsten, in dem wir 3 mit 4 multiplizieren – macht 12.
Wenn wir dann beide Brüche in Zwölftel ausdrücken wollen, werden aus den zwei Dritteln eben gerade acht und aus den drei Vierteln eben gerade neun Zwölftel (in jedem der beiden Drittel stecken je vier und in jedem der drei Viertel je drei Zwölftel). Man multipliziert also die Zähler mit genau derselben Zahl, mit der man die jeweiligen Nenner multiplizieren musste, um aus ihnen eine Zwölf zu machen. Und wie man Brüche multipliziert, haben wir ja oben bereits verstanden. So einfach ist das also mit dem Addieren von Brüchen.
Subtrahieren
Das Subtrahieren muss eigentlich nicht gesondert erläutert werden. Wir bringen auch für das Subtrahieren zunächst beide Brüche wie oben erläutert auf einen gemeinsamen Nenner und ziehen dann die Zähler voneinander ab. Beispiel:
Dividieren
Einige von Euch werden sich erinnern, dass man Brüche dividiert, indem man den Dividend mit dem Kehrwert des Divisors multipliziert. Zur Erinnerung: der Kehrwert ist der Bruch, der entsteht, wenn man Zähler und Nenner vertauscht, also oben hinschreibt, was eben noch unten war, und umgekehrt. Aber warum multipliziert man eigentlich mit dem Kehrwert? Betrachten wir ein Beispiel:
Der Bruch 3/2 steht ja für 3 geteilt durch 2. Das entspricht jedoch drei halben Stücken also 3×1/2:
Damit könnten wir das obige Beispiel aber auch so schreiben:
Es ist also schon ziemlich offensichtlich, dass wir den linken Bruch zunächst einmal durch 3 und dann nochmals durch 1/2 teilen müssen. Genau dieselbe Überlegung – nur in umgekehrter Reihenfolge – haben wir oben bei der Multiplikation angestellt: ob man erst durch 2 und dann durch 5 oder gleich durch 2 mal 5 teilt, ist egal. Hier müssten wir halt sagen: ob man durch 3 mal 1/2 oder erst durch 3 dann durch 1/2 teilt, ist egal. Wir können daher unser obiges Beispiel jetzt auch so schreiben:
Bleibt jetzt also zu klären, was genau es bedeuten soll durch 1/2 zu teilen. Denken wir dazu nochmals kurz darüber nach, was es bedeuten soll, etwas durch 2 zu teilen. Wenn wir z.B. 1÷2 ausrechnen wollen, dann wollen wir wissen, wie oft die 2 in die 1 hineinpasst. Die Antwort darauf ist „ein halbes Mal”. Eine andere Lesart für 1÷2 wäre „wie groß werden die Stücke, wenn ich einen Kuchen gleichmäßig auf zwei Personen aufteile?”:
Wenn wir aber die 1 durch 1/2 teilen, dann fragen wir dementsprechend, wie oft 1/2 in 1 hineinpasst. Die Antwort darauf ist „zweimal”. Die Analogie zu unserem obigen Kuchenbeispiel wäre in diesem Fall die Frage „wie viele Personen kann man mit Kuchenhälften versorgen, wenn man einen ganzen Kuchen hat?”:
Durch 1/2 zu teilen bedeutet also mit 2 zu multiplizieren – genauso wie durch 2 zu teilen bedeutet, mit 1/2 zu multiplizieren (also zu halbieren). Damit können wir unser obiges Beispiel jetzt auch so schreiben:
Wir teilen also unsere 4/3 erst durch 3 und multiplizieren das Ganze dann mit 2. Wie bereits mehrfach festgestellt, könnten wir aber die 4/3 genauso gut erst mit 2 multiplizieren und das Ganze dann durch 3 teilen:
Wenn wir jetzt noch 2÷3 durch 2/3 ersetzen, erhalten wir genau die gewünschte Multiplikation mit dem Kehrwert von 3/2:
Alles klar? Ich fand das wirklich anschaulich. Ich hoffe, Ihr auch…
Alles Liebe
Daniel