Hallo Ihr Lieben,
es gibt wieder mal neue Bilder von New Horizons. Nur sieben Stunden nach dem „closest approach“ hat sich New Horizons gewissermaßen umgedreht und mit LORRI ein Abschiedsfoto auf den Weg in die Tiefen des Kuiper-Gürtels geknipst:
Man erkennt darauf deutlich, wie sich das Licht der aus Sicht von LORRI eigentlich von Pluto verdeckten Sonne in dunstigen Atmosphärenschichten des Pluto streut und diese damit sichtbar macht. Nach ersten Schätzungen sind die äußersten, gerade noch sichtbaren Schichten rund 130 Kilometer oberhalb der Plutooberfläche. Die Atmospährenwissenschaftler wollen dabei eine untere Schicht mit rund 80 Kilometern Höhe und eine darüber liegende Schicht mit rund 50 Kilometern Höhe ausgemacht haben. Ich habe hier mal eine Vergrößerung angefertigt und zwei farblich voneinander abgesetzte Striche da reingemalt, wo die beiden Schichten sein könnten:
Bisher ist man gemeinhin davon ausgegangen, dass die berechneten Temperaturen zu hoch seien, um oberhalb von etwa 30 Kilometern noch Dunst hervorzubringen. Nach dem bisherigen Erklärungsmodell soll nämlich das ultraviolette Sonnenlicht dafür sorgen, dass Methan-Partikel (CH4) in der Plutoatmosphäre aufgebrochen werden und sich dann zu komplexeren Kohlenstoffverbindungen zusammensetzen, wie etwa Ethen (C2H4) oder Ethin (C2H2), die beide von New Horizons in der Plutoatmosphäre nachgewiesen worden sind. Diese Kohlenwasserstoffe sinken dann in die niedrigeren, kälteren Atmosphäreschichten ab, wo sie zu Eispartikeln kondensieren, die schließlich für den sichtbaren Dunst verantwortlich sind, wie er auf den LORRI-Aufnahmen zu sehen ist. Der weitere Einfluss des ultravioletten Sonnenlichts sorgt dann für eine chemische Umwandlung dieser Eispartikel in sogenannte „Tholine“, bei denen es sich um eine Klasse langkettiger organischer Moleküle handelt, die gemeinhin als Vorstufen der Bausteine des Lebens gelten. Diese Tholine setzen sich dann als jener dunkle Kohlenwasserstoff-Belag an der Plutooberfläche ab, der dem Planeten seine charakteristische Farbe verleiht. Ähnliche Prozesse hat man auf dem Saturnmond Titan und dem Neptunmond Triton beobachtet:
Triton gilt übrigens als mögliches ehemaliges Kuiper-Gürtel-Objekt, das vor langer Zeit einmal von Neptun eingefangen wurde (siehe z.B. hier), so dass man bis zum FlyBy von New Horizons davon ausgegangen ist, Triton als eine Art Modell von Pluto betrachten zu können.
Ein weiteres, jüngst veröffentlichtes LORRI-Bild der Sputnik-Ebene (Ihr erinnert Euch: die bereits mehrfach erwähnte Ebene in der westlichen Hälfte des herzförmigen Gebiets namens „Tombaugh Regio“) zeigt klare Hinweise für schwimmende Eisflächen auf der Plutooberfläche:
An den mit Pfeilen markierten Stellen sieht man gut diesen „Milch in Kaffee“-Effekt, der auf gletscherartige Bewegungen der glatten Eismassen in Richtung auf das durchfurchte, von Kratern überzogene Gebiet hinweist. Wenn hier von „Eis“ die Rede ist, dann ist damit allerdings nicht etwa Wassereis wie auf der Erde gemeint sondern gefrorener Stickstoff, der bei den rund ‑234°C, wie sie auf der Plutooberfläche herrschen, ohne Probleme in fester Form vorliegen kann. Die beteiligten Wissenschaftler sind angesichts dieser Beobachtung in heller Aufregung, denn niemand hat erwartet (gleichwohl nach den Erfahrungen mit Triton durchaus heimlich gehofft), eine Oberfläche vorzufinden, die gegenwärtig noch aktiven Veränderungsprozessen unterliegt.
Zum Abschluss noch ein Echtfarbenfoto von Pluto, das den eisigen Planeten in neuer Detailschärfe zeigt:
Dieses Bild wurde aus vier einzelnen LORRI-Bildern zusammengesetzt, die aus rund 450.000 Kilometern Entfernung aufgenommen worden sind. Die Farbinformationen stammen hingegen vom „Ralph“-Instrument. Die „Tombaugh Regio“, also das „weiße Herz“ ist dabei sehr schön zu erkennen.
Alles Liebe
Daniel