Hallo Ihr Lieben,
lange nichts mehr auf meinem Blog geschrieben. Eigentlich komisch. Es ist ja nicht so, als würde ich mich zu denjenigen zählen wollen, die sich selbst nicht gerne reden hören oder schreiben sehen. Aber diese Pandemiezeit hat unser Leben doch irgendwie nachhaltig verändert. Der ganze Alltagsrhythmus ist gleichförmiger geworden, man fokussiert sich zunehmend auf andere Schwerpunkte des Lebens und befindet sich stimmungsmäßig in einer anhaltenden Pendelbewegung zwischen Zuversicht und Bedrücktheit – und das mit nahezu täglich wechselnden Frequenzen und Amplituden.
Was mich jetzt allerdings dazu bewogen hat, die Tastatur dann doch endlich mal wieder in die Hand zu nehmen, ist die nicht enden wollende Dauerbeaufschlagung mit den Aussagen all jener, die sich immer noch nicht damit abfinden können (oder wollen), dass die SARS-CoV-2-Pandemie eine unumstößliche Realität ist. Es nervt einfach, dass ich immer noch Menschen in meinem eigentlich ja ziemlich sorgfältig ausgewählten sozialen Umfeld begegne, von denen ernsthaft Aussagen kommen wie „die Pandemie ist in dem Moment vorbei, in dem alle endlich mal den Fernseher ausschalten” oder die ständig darauf verweisen, dass unsere Regierungen in Fragen des Umgangs mit der Pandemie absolut einseitig beraten würden, während es ungezählte Fachleute gebe, die zu einer ganz anderen Bewertung des Pandemiegeschehens kämen als jene offiziell konsultierten Experten. Der bittere Ernst der Gefahren, die von der Pandemie für Individuum und Gesellschaft ausgehen, wird also von diesen Zeitgenossen ebenso geflissentlich ignoriert wie der Umstand, dass es demzufolge keine wesentlichen Alternativen für die derzeit getroffenen Gegenmaßnahmen gibt.
Manch einer aus meinem Gesellschaftskreis überschwemmt sogar soziale Netzwerke mit Querdenker-nahen Corona-Fake-News oder müllt mich mit Videos zu, in denen angebliche Experten alle wesentlichen Fakten zur Pandemie genüsslich in Zweifel ziehen: sei es die Zuverlässigkeit der PCR-Test, die Wirksamkeit bzw. die Unschädlichkeit der COVID-19-Impfstoffe, die eigentliche Todesursache der offiziellen COVID-19-Todesopfer, die Letalität von COVID-19, die Schadenswirkung einer SARS-CoV-2-Infektion für den menschlichen Körper – zu allem gibt es eine Armada selbsternannter Fachleute, die behaupten, auf Basis vermeintlich wissenschaftlicher Schlussfolgerungen nahezu das genaue Gegenteil all dessen beweisen zu können, was die etablierten Wissenschaftler, Forschungsinstitute und Expertengremien dieser Welt durch die Bank hinweg einhellig vertreten.
Faktencheck
- Qualifiziert durchgeführte PCR-Tests liefern zuverlässige und präzise Aufschlüsse über die Frage, ob der betreffende Proband zum Zeitpunkt des Tests ein bestimmtes Maß an SARS-CoV-2-Virenlast in seinen Atemwegen aufgewiesen hat.
- Die bei uns (leider derzeit noch in viel zu geringem Umfang) im Einsatz befindlichen Impfstoffe sind hochwirksam und gravierende Nebenwirkungen extrem selten.
- Die nach offizieller Lesart im Zusammenhang mit COVID-19-Erkrankungen verstorbenen Personen sind in der überwältigenden Mehrheit tatsächlich an und nicht nur mit COVID-19 verstorben.
- Die Letalität von COVID-19, soweit man sie auf Basis der vorliegenden Daten überhaupt zuverlässig vorhersagen kann, ist deutlich höher als etwa diejenige der saisonalen Influenza.
- SARS-CoV-2-Viren verfügen über ein breiteres Spektrum an Andockstellen für die Infektion von Gewebsstrukturen menschlicher Körper und können daher Organe infizieren, die von Influenza-Viren üblicherweise nicht befallen werden.
Dazu kommen noch ein paar Allgemeinweisheiten, die an dieser Stelle ausdrücklich an die Adresse der notorischen Corona-Kleinredner gerichtet sein sollen:
- Eine Krankheit, an der man nicht gleich stirbt, ist deshalb noch lange keine harmlose Krankheit. Weder an Hepatitis noch an Polio stirbt man etwa üblicherweise nach einer Erstinfektion. Die fatalen Spätfolgen dieser Infektionen zeigen sich indessen oft erst Jahre danach. Wer also argumentiert, dass an COVID-19 auch nicht mehr Menschen sterben als an der saisonalen Influenza (wenn es denn stimmen würde), weswegen die SARS-CoV-2-Pandemie auch keine anderen Maßnahmen erfordere als die alljährlichen Influenza-Ausbrüche, verkennt eindeutig die Vielfältigkeit der Wege, auf denen das SARS-CoV-2-Virus schweren und nachhaltigen Schaden bei Menschen anrichten kann.
- Über 1,5% der in Deutschland gemeldeten COVID-19-Fälle müssen im Krankenhaus beatmet werden. Ein bedeutender Teil dieser Patienten würde die Krankheit ohne diese Beatmungsmaßnahmen nicht überleben. Die Fallsterblichkeit läge also deutlich höher, wenn die Anzahl an beatmungspflichtig Erkrankten regelmäßig diejenige der gerade verfügbaren Beatmungsplätze überstiege. Dies wiederum würde bei einer unkontrollierten Ausbreitung von COVID-19 aufgrund simpler mathematischer Gesetzmäßigkeiten unweigerlich nach wenigen Monaten geschehen. Insofern beziehen sich die bisher veröffentlichten Zahlen zur Fallsterblichkeit ausschließlich auf Epidemieverläufe, die durch entsprechende Eindämmungsmaßnahmen erheblich verlangsamt worden sind. Die tatsächliche Fallsterblichkeit bei ungesteuertem epidemischem Geschehen läge daher mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr deutlich über den bisher gemessenen Zahlen.
- Nach einer aktuellen, im Canadian Medical Association Journal veröffentlichten Studie, liegt das Risiko, die eine oder andere Form einer Lungenentzündung im Zusammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung zu entwickeln, immerhin bei über 25%. Nicht jede dieser Entzündungen verläuft sonderlich schwer oder bedarf gar einer Hospitalisierung bzw. Beatmung. Aber jede davon birgt prinzipbedingt das Risiko, dass Lungengewebe in mehr oder minder ausgeprägter Form irreversibel geschädigt wird. Selbst für Personen unter 18 Jahren liegt das Lungenentzündungsrisiko laut besagter Studie immerhin noch bei knapp 10%. Jede SARS-CoV-2-Infektion geht also mit einem nicht unerheblichen Risiko für dauerhafte Lungenschäden einher. Und zwar ausdrücklich auch bei jungen Menschen.
Völlig losgelöst
Es drängt sich daher die Frage auf: warum tun die das? Warum streiten die Verharmloser all jenes vehement ab und stürzen sich stattdessen geradezu obsessiv auf dubiose Quellen, in denen vermeintlich qualifizierte Fachleute die wohlfundierten Fakten zu Corona & Co. bestreiten? Sicher: anerkannte Expertengremien, etablierte Forschungsinstitute und renommierte Wissenschaftler – sie alle können sich irren. Vielleicht sogar fundamental irren. Aber gleich alle auf einmal? Weltumspannend und kulturübergreifend?
Aber gut – spielen wir das doch mal ganz kurz gedanklich durch. Nehmen wir also an, es gäbe wirklich fundiert begründete Zweifel an jenen etablierten Aussagen über die Pandemie, auf deren Basis die Regierungen dieser Welt schweren Herzens Kontaktbeschränkungen und sonstige Infektionsschutzmaßnahmen angeordnet haben. Würden eben diese Regierungen unserer Welt dann nicht händeringend nach solchen Erkenntnissen suchen, um eine Rechtfertigung dafür zu haben, die massiv wirtschaftsschädigenden Infektionsschutzanordnungen schnellstmöglich aufheben zu können? Welche Regierung eines demokratischen Landes legt denn mit Blick auf die nächste Wiederwahl freiwillig ganze Wirtschaftszweige über Monate hinweg lahm und zieht damit den Unmut großer Teile ihrer Wählerschaft auf sich, wenn es qualifizierte Argumente gegen die Grundlagen für derartige Entscheidungen gäbe?
Bevor man als Regierungsverantwortlicher einer namhaften Industrienation also derart einschneidende und ganz sicher unpopuläre Entscheidungen trifft, greift man doch allemal nach jedem sich bietenden Strohhalm, um doch noch einen stichhaltigen Grund zu finden, solche Maßnahmen vermeiden zu können. Wenn also glaubhafte Fachleute wirklich überzeugend darlegen könnten, dass die von den etablierten Institutionen vertretene Sicht auf die Pandemie mindestens mal zweifelhaft ist, hätten sich die Exekutivverantwortlichen dieser Welt doch schon im ureigensten Interesse längst auf solche Expertenmeinungen gestürzt, um all die volkswirtschaftsgefährdenden Notmaßnahmen vermeiden zu können. Wenn sie genau dies aber durch die Bank hinweg praktisch nirgends auf der Welt getan haben (sieht man mal von den Trumps, Bolsonaros und Johnsons dieser Welt mit dem wenig ruhmreichen Ergebnis ab, das ihre anfänglich ignorante Infektionsschutzpolitik gezeitigt hat), dann kann das doch im Umkehrschluss nichts anderes bedeuten, als dass es derart qualifizierte Gegenpositionen schlichtweg nicht gibt.
Finstere Mächte
So manch notorischer Verharmloser wird mir an dieser Stelle möglicherweise entgegnen, dass es diese qualifizierten Gegenpositionen selbstverständlich allenthalben gebe. Allein: ihre leidenschaftlich um Gehör kämpfenden Vertreter werden von den etablierten Kräften dieser Welt gezielt und systematisch ignoriert oder gar mundtot gemacht. Dieses Vorgehen folge einer finsteren, weltweiten Verschwörung, die sich zum Ziel gesetzt habe, eine gänzlich erfundene, zumindest aber in ihrem Bedrohungspotenzial massiv überzeichnete Pandemie herbeizureden, um unter ihrem Deckmantel die Völker dieser Erde systematisch zu entrechten und mit Hilfe unüberwindbarer Überwachungs- und Kontrollmechanismen ein für allemal willenlos und gefügig zu machen.
Echt jetzt? Diese Variante ist wirklich wahrscheinlicher, als die Annahme, dass die Pandemie in all ihren bekannten Auswirkungen real ist? Die Regierungen aller bedeutsamen Staaten dieser Welt sollen sich in Überwindung ihrer sonst ja nicht gerade gering ausgeprägten Gegensätze konspirativ zusammengefunden haben, um vor unseren Augen den als Pandemie getarnten großen Masterplan zur Unterwerfung aller freien Gesellschaften dieser Erde zu verwirklichen? Selbstverständlich machen alle namhaften Medienredaktionen, Wissenschaftsinstitute, Universitäten, Krankenhäuser, Mediziner, Pfleger, Verwaltungsangestellte, Gesundheitsämter, Polizisten und Politiker munter dabei mit. Naja, mit Ausnahme solch einsamer Vorkämpfer der gerechten Sache, wie etwa die AfD oder die Querdenker in Deutschland bzw. manch republikanischer Politiker oder QAnon in den USA natürlich. DAS sind dann also die letzten der Gerechten dieser Welt, die noch für unsere freiheitlich-demokratischen Grundrechte einstehen.
Leute – kann es sein, dass ihr vor lauter Pandemielangeweile in letzter Zeit zu viele Science-Fiction-Thriller gesehen habt?
Aber nein, lieber Daniel, du checkst es nicht: da gibt es eine ganz kleine aber extrem einflussreiche konspirative Elite, die ebenso gezielt wie geschickt auf die wesentlichen Entscheider dieser Welt einwirkt und sie alle dazu bringt, an die in Wahrheit gar nicht existierende Pandemie zu glauben. Bei den Angehörigen aller anderen der obengenannten Gruppierungen setzt diese Elite hingegen auf den Herdentrieb, der schon dafür sorgen wird, dass niemand sich als Einzelkämpfer gegen den Mainstream aufzulehnen wagt.
Ja klar. Was auch sonst. Bill Gates vielleicht? Oder die Juden mal wieder?
Klar: es könnte wirklich so sein – jedenfalls mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Doch wie groß ist diese Wahrscheinlichkeit im Vergleich zur Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Pandemie eben doch eine echte Pandemie ist – und zwar mit all den Eckdaten, die praktisch einheitlich von allen relevanten Institutionen dieser Welt akzeptiert und vertreten werden?
Wahr oder scheinlich?
Bleibt also die Frage, warum selbst solche Personen, denen ich unumwunden ein hohes Maß an Intelligenz, Bildung und Aufgeschlossenheit attestieren würde, derzeit geradezu verzweifelt an der Wahnvorstellung festhalten, dass (außer ihnen selbst und ein paar wackeren Mitstreitern) der überwältigende Teil der Menschheit hoffnungslos an eine Pandemie glaubt, die real gar nicht existiert, mindestens aber viel harmloser sei als befürchtet.
Gute Frage. Mein erster Denkansatz richtet sich auf die Anfangstage der Pandemie zu Beginn des Jahres 2020. Da war ich selbst durchaus eine ganze Weile lang geradezu verzweifelt auf der Suche nach glaubwürdigen Indizien dafür, dass alles längst nicht so dramatisch ist, wie es schon damals von den namhaften Fachleuten vorhergesagt wurde. Es hat also auch bei mir selbst eine Weile gedauert, bis ich bereit war zu akzeptieren, was ja nun auch wirklich schwer zu akzeptieren ist: wir haben’s jetzt gerade mal so richtig gründlich verzockt. Da hilft kein Wunschdenken und kein Kopf-in-den-Sand-Stecken. Die weltweite Pandemie, vor der seit vielen Jahren immer wieder gewarnt wurde, ist real geworden und keiner kann sich vor ihren Gefahren und Folgen drücken oder so tun, als hätte er mit ihren Ursachen nichts zu tun. Wir sitzen alle irgendwo im selben Boot (gleichwohl manche in der ersten, manche in der zweiten und sehr viele in der dritten Klasse).
Wahr ist halt auch, dass kaum ein Angehöriger der westlichen Welt aus meiner Generation überhaupt über eigene Lebenserfahrung mit derartig umfassenden Ausnahmesituationen verfügt. OK, wir hatten den kalten Krieg mit seiner schwelenden Gefahr eines thermonuklearen Schlagabtauschs zwischen den Supermächten. Aber mal ehrlich: so wirklich unseren Alltag beeinträchtigt hat das jetzt auch nicht gerade. Für uns war unser Leben eigentlich immer von denselben wesentlichen Faktoren bestimmt: Schule, Berufsausbildung, Karriere, Familie, Freunde und Freizeit. Nichts könnte jemals ernsthaft an diesen Grundfesten unseres Daseins rütteln.
Und dann kam die Pandemie.
Know your enemy
Klar also, dass keiner von uns auch nur annähernd darauf vorbereitet war, was es wirklich bedeutet, mit dieser Form massiven Kontrollverlusts ohne klare Perspektive darauf leben zu müssen, wie es in Zukunft weitergehen soll. Unser Leben, wie wir es bis dahin kannten, wurde uns in fundamentalen Bereichen unseres Alltags schlichtweg genommen. Restaurants, Bars, Cafés, Reisen, Feiern, Treffen mit Freunden und Familie – all das war, wenn überhaupt, nur noch eingeschränkt und längst nicht mehr so unbefangen möglich, wie wir es seit jeher gewohnt waren. Ganze Wirtschaftszweige wurden per Regierungsbeschluss lahmgelegt und nicht wenige von uns hatten gute Gründe, um ihre finanzielle Existenz zu bangen. Und keiner konnte uns sagen, wie lange das wohl noch so weitergehen bzw. wie schlimm es am Ende noch kommen wird. Das SARS-CoV-2-Virus war (und ist bis heute) eine in vielerlei Hinsicht unbekannte Größe, und die schwer einzuschätzende Bedrohung einer manifesten COVID-19-Erkrankung hing (und hängt auch weiter) wie ein Damoklesschwert über uns allen.
Hinzu kommt. dass man die jahrzehntelang für unsere Gesellschaft prägende Fokussierung auf das individuelle Glück plötzlich nicht mehr uneingeschränkt ausleben konnte. Urlaub, Freizeit, Karriere – alles ist plötzlich in mehr oder minder ausgeprägter Form der individuellen Gestaltungsfreiheit beraubt. Und mehr noch: jetzt ist auch noch Solidarität mit anderen in unserer Gesellschaft gefragt. Muss ich jetzt etwa auf uneingeschränkte Freizeitgestaltung und Karriereentwicklung verzichten, damit ein paar Achtzigjährige noch älter werden, oder was?
Kein Wunder, dass so mancher von dieser Situation maßlos überfordert war. Mir selbst ging es ja – wie bereits oben ausgeführt – erst einmal auch nicht anders. Allerdings ist es mir im Laufe der ersten Pandemiemonate gelungen, das innere Blatt zu wenden. Statt sich mit Händen und Füßen gegen die Realität der Pandemie zu stemmen, habe ich an einem bestimmten Punkt beschlossen, sie bis auf weiteres als Teil unseres Lebens zu akzeptieren und mich gewissermaßen mit ihr anzufreunden. Besser, sich wertfrei mit den Fakten der Pandemie auseinanderzusetzen, als wie ein Besessener nach Anhaltspunkten dafür zu suchen, dass sie in Wahrheit ja gar nicht schlimm ist oder – noch besser – gar nicht erst wirklich existiert. Frei nach dem Motto: „Know your enemy”. Und ich denke, die meisten meiner Mitmenschen haben etwa zur selben Zeit einen ähnlichen Sinneswandel durchgemacht. Manche sicher auch schon deutlich früher, einige aber eher später.
Ein paar wenige scheinen indessen bis heute immer noch in der Ablehnungsschleife der Anfangszeit festzuhängen. Für sie scheint auch weiterhin nicht sein zu können, was nicht sein darf. So etwas bricht nicht einfach so aus heiterem Himmel und dann auch noch mit dieser Vehemenz über uns herein. Da geht eindeutig was nicht mit rechten Dingen zu. Da muss doch mehr dahinterstecken als nur das vorhersehbare Pech einer allzu globalisieren Welt. Und außerdem braucht man ja irgendeine Rechtfertigung dafür, dass man innerlich einfach nicht bereit ist, seine individualistischen Bestrebungen zugunsten einer gesamtgesellschaftlichen Solidarität einzuschränken. „Ich kann machen, was ich will – wer was anderes von mir verlangt, kann einfach nicht recht haben.”
Und schon sind sie geboren, die Verschwörungstheorien, die Delegitimierung der Infektionsschutzmaßnahmen, die These von der Ignoranz der Regierenden und ihrer Berater sowie die Mär vom großen Masterplan zur Unterwerfung der freien Welt, der jetzt unter dem Deckmantel einer heraufbeschworenen Pandemie verwirklicht werden soll.
Und jetzt?
Klar ist auch, dass beileibe nicht alles, was die Regierungen dieser Welt im Zusammenhang mit der Pandemie beschlossen oder unterlassen haben, sich im Nachhinein als klug erwiesen hat. Man denke nur an das viel zu späte Einlenken der nationalen und internationalen Gesundheitsbehörden hinsichtlich des Tragens eines Mund-/Nasenschutzes zur Infektionsprävention. Da haben sich weder die WHO noch das Robert-Koch-Institut sonderlich mit Ruhm bekleckert. Und auch die zögerliche und eher kurzsichtige Impfstoff-Beschaffungspolitik der EU erweist sich jetzt zunehmend als grandiose Fehlentscheidung.
Klar ist aber auch: als bisher mit Abstand grandioseste Fehlentscheidung in der Pandemie hat sich schon jetzt die selbstherrliche Ignoranz der Trumps, Bolsonaros, Johnsons und Lukaschenkos dieser Welt erwiesen, die viel zu lange geglaubt haben, die Pandemie einfach solange kleinreden zu können, bis sie sich von alleine in Wohlgefallen auflöst. Die tragische Zeche dafür haben zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Blogposts bislang laut Worldometer weit über eine halbe Million US-Amerikaner, mehr als eine Viertelmillion Brasilianer, über hunderttausend Briten und eine unbekannte Anzahl Weißrussen (da ich den offiziellen Verlautbarungen eines diktatorischen Regimes kategorisch misstraue) mit ihrem Leben bezahlen müssen. Auch den brasilianischen Todeszahlen traue ich nur bedingt, da aller Wahrscheinlichkeit nach im Elend der Favelas eine große Zahl an Menschen zu COVID-19-Toten geworden ist, die überhaupt nicht auf dem Radar der Behörden erscheinen.
Ich will damit nicht sagen, dass in diesen Ländern bei einer frühzeitig eingeläuteten Infektionsschutzpolitik niemand gestorben wäre. Aber wenn man die Zahlen der COVID-19-Toten pro 100.000 Einwohner aus diesen Ländern etwa mit denjenigen aus Deutschland vergleicht, stellt man fest, dass sie teils mehr als doppelt so hoch sind. Ohne hier voreilige Schlüsse ziehen zu wollen, ist das aber allemal ein deutliches Indiz für den Effekt der anfänglichen Versäumnisse.
Daher lautet mein Schlusscredo für dieses Mal:
Liebe Corona-Verharmloser, bitte fragt Euch doch einfach mal, ob Ihr in anderen wesentlichen Belangen Eures Lebens Eure Weltsicht und die daraus resultierenden Entscheidungen auf ähnliche Weise an derart unwahrscheinlichen Erklärungen festmacht, wie im Falle der Pandemie. Glaubt Ihr wirklich, dass schwarze Katzen Unglück bringen, dass die Mondlandungen der USA ein Hoax waren und dass Einsteins allgemeine Relativitätstheorie Bullshit ist? Glaubt Ihr, dass unser Schicksal von den Tageslaunen irgendwelcher Götter auf dem Olymp abhängt oder dass die Erde eine Scheibe ist?
Mann kann alle wesentlichen Erkenntnisse, welche die Wissenschaft auf Basis einer über Jahrhunderte hinweg gereiften, außerordentlich fundierten Methodik hervorgebracht hat, in Zweifel ziehen, denn bis auf die reine Mathematik ist alle Wissenschaft letztlich „nur” empirisch und damit von Wahrscheinlichkeiten bestimmt. Allerdings verfügt die Wissenschaft über extrem verlässliche Mechanismen, mit deren Hilfe der Zuverlässigkeitsgrad empirisch ermittelter Erkenntnisse sehr genau quantifiziert werden kann. Und solange diese Mechanismen gewissenhaft zur Anwendung gelangen, sind die auf ihnen basierenden Ergebnisse zuverlässiger als jede andere mir bekannte Form des Erkenntnisgewinns.
Daher, liebe Corona-Verharmloser: trotz aller berechtigter Forderung nach kritischem Hinterfragen unseres Weltgeschehens – habt auch ein wenig Vertrauen in die Objektivität der Wissenschaft. Sie ist alles andere als perfekt und schwarze Schafe tummeln sich dort auch nicht gerade wenige. Aber sie ist immer noch besser als irgendwelche Influencer in den sozialen Netzwerken oder die vielen selbsternannten Experten, die wie die Pilze aus dem Boden schießen, wenn der Fokus der medialen Aufmerksamkeit sich mal wieder auf ein für uns alle bedeutsames, emotional aufgeladenes Thema richtet. Und leider gilt halt auch in Sachen Pandemiewahrheit weiterhin das Bullshit-Asymmetrie-Prinzip des italienischen Informatikers Alfredo Brandolini:
“The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.”
(„Das Widerlegen von Schwachsinn erfordert eine Zehnerpotenz mehr Energie als dessen Produktion.“)
Fake-News halten sich also hartnäckig. Das gilt leider auch für die Pandemie. Lasst Euch davon nicht beirren. Eure Gesundheit und die Gesundheit aller Menschen, die Euch lieb und teuer sind, ist in akuter Gefahr, wenn Ihr der Realität weiterhin nicht ins Auge seht!
Bleibt mir alle gesund!
Alles Liebe
Daniel