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Viel Lärm und wenig Fak­ten – ein paar Gedan­ken zu Trumps Jerusalementscheidung

Hal­lo Ihr Lieben,

ges­tern hat Donald Trump sei­ne viel­be­ach­te­te Ent­schei­dung ver­kün­det, Jeru­sa­lem – in wel­chen genau­en Gren­zen auch immer – als Haupt­stadt Isra­els anzu­er­ken­nen. Dies hat erwar­tungs­ge­mäß bei fast allen ein­schlä­gi­gen Par­tei­en – vom UN-Gene­ral­se­kre­tär über die meis­ten euro­päi­schen Staats­ver­tre­ter, die Rus­sen und die Chi­ne­sen bis natür­lich zu den mus­li­misch domi­nier­ten Staa­ten des Nahen Ostens – zu kri­ti­schen bis empör­ten Reak­tio­nen geführt.

War­um aber eigent­lich „erwar­tungs­ge­mäß”?

Fakt ist, dass Trump mit sei­ner Ent­schei­dung eigent­lich nichts ande­res getan hat, als einen Geset­zes­be­schluss des US-Kon­gres­ses von 1995 umzu­set­zen, der schon damals zum Inhalt hat­te, die Bot­schaft der USA von Tel Aviv nach Jeru­sa­lem zu ver­le­gen und des­sen Inkraft­tre­ten bis­her nur per halb­jähr­lich erneu­er­ter Aus­set­zungs­ver­fü­gung von allen seit­dem amtie­ren­den Prä­si­den­ten mit Blick auf die Nah­ost-Frie­dens­ver­hand­lun­gen und der in die­sem Zusam­men­hang immer wie­der gebets­müh­len­ar­tig wie­der­hol­ten Not­wen­dig­keit einer bila­te­ra­len Eini­gung der Kon­flikt­par­tei­en zum end­gül­ti­gen Sta­tus Jeru­sa­lems hin­aus­ge­zö­gert wur­de. Es han­delt sich hier also gera­de nicht um eine Hau­de­gen-mäßi­ge Ein­zel­ent­schei­dung von Donald Trump, der zuge­ge­be­ner­ma­ßen ansons­ten nicht viel dafür tut, dem Ein­druck ent­ge­gen­zu­wir­ken, er sei ein selbst­herr­li­cher Despe­ra­do mit dem Fein­ge­fühl eines Kampfpanzers.

Fakt ist auch, dass Trump in der Anspra­che, im Rah­men derer er sei­ne Jeru­sa­lem-Ent­schei­dung bekannt­ge­ge­ben hat, sehr klar gemacht hat, dass er dar­in gera­de kein Prä­ju­diz für den zwi­schen den Kon­flikt­par­tei­en aus­zu­han­deln­den end­gül­ti­gen Sta­tus der Stadt sehen möchte:

” We are not taking a posi­ti­on of any final sta­tus issues inclu­ding the spe­ci­fic boun­da­ries of the Israe­li sove­reig­n­ty in Jeru­sa­lem or the reso­lu­ti­on of con­tes­ted bor­ders. Tho­se ques­ti­ons are up to the par­ties involved”

Fakt ist näm­lich außer­dem, dass die „Samthandschuh”-Taktik, mit der die Jeru­sa­lem-Fra­ge seit dem Oslo-Abkom­men von 1993 all­seits ange­fasst wur­de, eben­so wenig zu greif­ba­ren Fort­schrit­ten im Nah­ost-Frie­dens­pro­zess geführt hat, wie das fort­wäh­ren­de Appease­ment gegen­über Kim Jong-il und spä­ter Kim Jong-un die Nord­ko­rea­ni­schen Des­po­ten davon abge­hal­ten hat, erfolg­reich Nukle­ar­waf­fen zu ent­wi­ckeln. Und auch in die­sem Zusam­men­hang wur­de Trump für sei­ne aggres­si­ve Macho­r­etho­rik gegen­über dem „Litt­le Rocket Man” von den übli­chen Ver­däch­ti­gen geschol­ten und als Sicher­heits­ri­si­ko für die Welt eingestuft.

In bei­den Fäl­len ist aber – ganz unab­hän­gig von der Fra­ge nach der Sym­pa­thie für Trumps Umgangs­for­men – in der Tat über­le­gens­wert, war­um man es nicht auch mal – wenn es nötig und sinn­voll erscheint – mit kla­ren Schrit­ten und kla­ren Bot­schaf­ten ver­su­chen kann, anstatt sich auf ewig in frucht­lo­sem diplo­ma­ti­schen Her­um­geie­re zu erge­hen. Bit­te nicht falsch ver­ste­hen: ich bin ganz sicher kein Gewalt­ver­herr­li­cher und das Schre­ckens­po­ten­zi­al von Krieg und Ter­ror ist mir abso­lut bewusst. Den­noch muss man immer auch die Fra­ge stel­len, mit wem man es da eigent­lich auf der ande­ren Sei­te zu tun hat und wel­che Spra­che die­se ande­re Sei­te zu ver­ste­hen in der Lage bzw. zu beher­zi­gen bereit ist.

Aus mei­ner ganz per­sön­li­chen Sicht hat Trump mit sei­ner Jeru­sa­lem-Ent­schei­dung eine ziem­lich unmiss­ver­ständ­li­che Bot­schaft an die Welt – und dabei ins­be­son­de­re an die arabisch/muslimische – geschickt, die da lau­tet: Isra­el, das von Anbe­ginn an für Rechts­staat­lich­keit, Demo­kra­tie und auf­ge­klär­te Wer­te stand, hat – im Gegen­satz zu allen ara­bi­schen Ver­tre­tern der dama­li­gen Zeit – den 1947er-UN-Tei­lungs­be­schluss aner­kannt und anschlie­ßend sei­ne nack­te Exis­tenz in drei gro­ßen Krie­gen erfolg­reich gegen all die­je­ni­gen ver­tei­digt, wel­che – im Gegen­satz zu Isra­el – die Paläs­ti­na­fra­ge lie­ber auf dem Wege der krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zung anstatt mit­tels eines UN-Beschlus­ses lösen woll­ten. Dass es dabei zu einem für die ara­bi­sche Sei­te schlech­te­ren Ergeb­nis gekom­men ist, als der Tei­lungs­plan vor­ge­se­hen hat, war das Risi­ko, das man mit die­sem gewalt­ori­en­tier­ten Vor­ge­hen natür­li­cher Wei­se ein­ge­gan­gen ist. Dazu gehört eben auch, dass Jeru­sa­lem voll­stän­dig unter Israe­li­sche Kon­trol­le gebracht wur­de. Und wer inso­weit erfolg­reich und kon­se­quent die wesent­li­chen Wer­te von Rechts­staat­lich­keit und Demo­kra­tie gegen man­geln­de Kom­pro­miss­be­reit­schaft von Sei­ten des­po­ti­scher Regime ver­tei­digt, der darf sich der Aner­ken­nung der dabei erziel­ten Ergeb­nis­se durch die Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka sicher sein. Punkt.

Damit ver­bin­det sich also auch ein kla­res State­ment an die Paläs­ti­nen­ser: wen­det euch der Rechts­staat­lich­keit, Demo­kra­tie und Kom­pro­miss­be­reit­schaft zu – und schon könnt ihr euch eben­falls der Aner­ken­nung und Unter­stüt­zung durch die Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka sicher sein. Punkt.

Was also gibt es dar­an eigent­lich zu kri­ti­sie­ren? Dass hier Emo­tio­nen her­auf­be­schwo­ren wer­den, die auf einer jahr­zehn­te­lang sys­te­ma­tisch kul­ti­vier­ten Krän­kungs­be­reit­schaft in der isla­mi­schen Welt grün­den? Dass hier ein Zustand aner­kannt wird, der seit einem hal­ben Jahr­hun­dert schlich­te Rea­li­tät ist und durch viel­ge­lob­te Auf­trit­te ein­schlä­gi­ger Staats­ver­tre­ter aus der hal­ben Welt vor dem Israe­li­schen Par­la­ment in Jeru­sa­lem sowie dem all­täg­li­chen geschäfts­mä­ßi­gen Ver­kehr mit den Israe­li­schen Staats­ver­tre­tern in Jeru­sa­lem längst von allen Sei­ten hun­dert­fach bestä­tigt wurde?

Aber was ist dann mit den über­all her­auf­be­schwo­re­nen fata­len Aus­wir­kun­gen der US-Ame­ri­ka­ni­schen Jeru­sa­lem-Ent­schei­dung auf den Nahost-Friedensprozess?

Aus mei­ner Sicht ist das nichts wei­ter als ein will­kom­me­nes Sün­den­bock­sze­na­rio. Denn von der geo­gra­fi­schen Lage der US-Bot­schaft in Isra­el hängt der Frie­dens­pro­zess in Wahr­heit doch ganz sicher nicht ab. Wer wirk­lich Frie­den will, dem wird auch eine US-Bot­schaft in Jeru­sa­lem dabei nicht im Weg ste­hen, und Trump hat – wie oben zitiert – ganz klar gemacht, dass es aus US-Sicht dafür auch abso­lut kei­ne Ver­an­las­sung gibt.

Es ist hier viel­mehr so, wie mit der viel­ge­schol­te­nen und all­zu ger­ne als Haupt­frie­dens­hin­der­nis dif­fa­mier­ten Israe­li­schen Sied­lungs­po­li­tik: alles Nebel­ker­zen, um von den wah­ren Frie­dens­hin­der­nis­sen abzu­len­ken. Bit­te auch das nicht miss­ver­ste­hen: ich bin bestimmt kein Advo­kat jener Sied­lungs­po­li­tik, die auch mei­ner Ansicht nach mehr Pro­ble­me für Isra­el schafft, als sie löst. Aber wer ernst­haft behaup­tet, dass die Sied­lun­gen der Grün­dung eines Paläs­ti­nen­si­schen Staa­tes im West­jor­dan­land ent­ge­gen­ste­hen, der setzt vor­aus, dass die­ser Staat juden­rein zu sein hat. Ansons­ten kön­nen doch eine hal­be Mil­li­on jüdi­scher Sied­ler – wenn sie es denn wol­len – eben­so fried­lich unter Mil­lio­nen von Ara­bern in Paläs­ti­na leben, wie es heu­te schon 1,7 Mil­lio­nen Ara­ber inner­halb der Gren­zen Isra­els von 1967 unter einer jüdi­schen Mehr­heit tun. Oder soll die viel­be­schwo­re­ne Zwei­staa­ten­lö­sung etwa mit einer umfas­sen­den eth­ni­schen Säu­be­rung einhergehen?

Wir sehen also: es wird unfass­bar viel geheu­chelt, wenn es um den Nah­ost-Frie­dens­pro­zess und die Hin­der­nis­se geht, die ihm eigent­lich im Weg stehen.

Wel­che sind das dann aber?

Auch dazu habe ich eine kla­re Mei­nung: es sind dies die man­geln­de Recht­staats­kul­tur, die man­geln­de Mün­dig­keit und die man­geln­de Bil­dung der Men­schen in der aktu­el­len arabisch/muslimischen Welt. Die Fähig­keit zu einem auf­rich­ti­gen und inso­fern nach­hal­ti­gen Frie­dens­schluss setzt immer auch die Fähig­keit dazu vor­aus, den jeweils Ande­ren trotz sei­ner Anders­heit als gleich­wer­tig und damit gleich­be­rech­tigt zu akzep­tie­ren – ihm also glei­che Rech­te wie sich selbst zuzu­ge­ste­hen. In einer von aus­beu­te­ri­schen Des­po­ten bestimm­ten Regi­on, in der die Mas­sen ganz bewusst dumm und unge­bil­det gehal­ten und zudem vom Staat wei­test­ge­hend sich selbst über­las­sen und damit in die Arme ideo­lo­gi­scher Rat­ten­fän­ger getrie­ben wer­den, darf man indes­sen kaum dar­auf hof­fen, dass der­ar­ti­ge Tugen­den zur all­ge­mei­nen Lebens­kul­tur gehö­ren. Statt­des­sen lei­det die für uns wahr­nehm­ba­re arabisch/muslimische Welt ganz offen­sicht­lich unter einem fort­wäh­ren­den Min­der­wer­tig­keits­kom­plex gegen­über der in fast jeder Hin­sicht viel erfolg­rei­che­ren west­li­chen Welt, der in einer hohen Krän­kungs­be­reit­schaft und dem dadurch her­vor­ge­ru­fe­nen Ver­lan­gen resul­tiert, die west­li­che Welt als Reich des Bösen und des Unglau­bens abzu­wer­ten, um sei­ne eige­ne Posi­ti­on ent­spre­chend auf­wer­ten zu kön­nen. Das ist der Nähr­bo­den, auf dem schon im reich­lich ver­spä­tet zur Nati­on gewor­de­nen und inso­weit eben­falls gegen­über den ande­ren Natio­nen kom­plex­be­la­de­nen Deutsch­land der zwan­zi­ger und drei­ßi­ger Jah­re Feind­bil­der, Hass und Gewalt gedie­hen sind, und das wie­der­um ist der Grund, aus dem ein Frie­den auf Augen­hö­he mit Kul­tu­ren die­ser Prä­gung nicht rea­lis­tisch ist.

Ja klar, auch auf Israe­li­scher Sei­te gibt es ideo­lo­gi­sche Ver­blen­dung und undif­fe­ren­zier­ten Hass auf Ara­ber bzw. Mus­li­me. Kei­ne Fra­ge. Aber das ist – im Gegen­satz zur arabisch/muslimischen Umge­bung Isra­els – eben nicht das prä­gen­de Ele­ment der Gesell­schaft. Isra­el hat eine außer­or­dent­lich plu­ra­lis­ti­sche, selbst­kri­ti­sche und dis­kus­si­ons­freu­di­ge Gesell­schaft. In Isra­el wird Bil­dung groß­ge­schrie­ben, Demo­kra­tie (manch­mal viel­leicht sogar schon ein biss­chen zu extrem) gelebt und Mün­dig­keit kul­ti­viert (es gibt dort gefühlt weit­aus mehr Häupt­lin­ge als India­ner). Und genau die­ser kras­se kul­tu­rel­le Ent­wick­lungs­vor­sprung gegen­über den umge­ben­den Gesell­schaf­ten ist nach mei­ner Über­zeu­gung glei­cher­ma­ßen die eigent­li­che (vor­läu­fig wohl lei­der auch unüber­wind­ba­re) Quel­le des Nah­ost-Kon­flikts wie auch die eigent­li­che Leis­tung, die Trump mit sei­ner Jeru­sa­lem-Ent­schei­dung hono­rie­ren wollte.

Alles Lie­be

Dani­el

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