Vom Zäh­len zur Man­del­brot­men­ge – Teil 3: Ratio­na­le Zahlen

Hal­lo Ihr Lieben,

im letz­ten Teil die­ser Bei­trags­se­rie sind wir auf unse­rem Erkun­dung­pfad zur Man­del­brot­men­ge nach den Natür­li­chen Zah­len schließ­lich zu den Gan­zen Zah­len gelangt. Wir haben gese­hen, dass die Ein­füh­rung von nega­ti­ven Zah­len – gleich­wohl sie ziem­lich unin­tui­tiv sind – unser Pro­blem gelöst hat, dass die Sub­trak­ti­on zwei­er Zah­len ansons­ten Ergeb­nis­se pro­du­zie­ren wür­de, die außer­halb unse­rer bekann­ten Zah­len­welt lie­gen. Wir haben auch gese­hen, dass man nicht unbe­dingt ver­ste­hen muss (und es wohl auch nicht kann), was genau die nega­ti­ven Zah­len in phi­lo­phi­schem Sin­ne dar­stel­len sol­len. Solan­ge sie so defi­niert sind, dass Addi­ti­on und Sub­trak­ti­on so funk­tio­nie­ren, wie wir es haben woll­ten, kann man ganz ent­spannt damit rech­nen, auch ohne dass sie eine unmit­tel­ba­re Ent­spre­chung in unse­rer rea­len Erleb­nis­welt haben.

„Alter, wenn das nix mit unse­rem ech­ten Leben zu tun hat, war­um stresst Du uns dann damit?”

Ja, ich weiß: genau das haben die Mathe­ma­ti­ka­ver­sen unter Euch immer so am Mathe­un­ter­richt gehasst: sich mit irgend­wel­chen rea­li­täts­frem­den Gedan­ken­kon­struk­tio­nen abge­ben zu müs­sen, die (ver­meint­lich) kein Mensch braucht. Aber wie bereits in Teil 2 erwähnt: spä­tes­tens bei den durch­aus rea­li­täts­na­hen Kon­to­aus­zü­gen braucht man dann doch die nega­ti­ven Zah­len und sie las­sen sich in die­sem Zusam­men­hang sogar ziem­lich intui­tiv begreifen.

Apro­pos intui­tiv begrei­fen: wir waren ja im letz­ten Teil bei dem Pro­blem ste­hen geblie­ben, dass die Divi­si­on zwei­er gan­zer Zah­len im kras­sen Gegen­satz zu Addi­ti­on, Sub­trak­ti­on und Mul­ti­pli­ka­ti­on in der Tat Ergeb­nis­se lie­fern kann, die selbst nicht in den Gan­zen Zah­len lie­gen. Auch das kann man sich übri­gens ziem­lich intui­tiv vor­stel­len. Neh­men wir dazu an, vier Leu­te wol­len fünf Kuchen gleich­mä­ßig unter sich auf­tei­len:Dann soll­te auch ohne gro­ße aka­de­mi­sche Vor­re­den klar sein, dass es kei­ne ganz­zah­li­ge Auf­tei­lung der Kuchen gibt: nimmt jeder der Vier nur einen Kuchen mit, bleibt einer der fünf Kuchen übrig, so dass wir schon mal nicht – wie ver­langt – fünf Kuchen gleich­mä­ßig ver­teilt haben. Nimmt hin­ge­gen einer der Vier dann auch noch zusätz­lich zu sei­nem bereits abge­staub­ten Kuchen den fünf­ten Kuchen mit, haben wir die Kuchen nicht gleich­mä­ßig ver­teilt (einer hät­te dann zwei, die ande­ren Drei aber jeweils nur einen Kuchen). Es liegt auf der Hand, dass Pro­ble­me die­ser Art durch­aus in unse­rem All­tags­le­ben vor­kom­men und inso­fern ziem­lich intui­tiv sind. Sei es beim Ermit­teln von Stück­prei­sen aus einem gege­be­nen Gesamt­preis, sei es bei der Bestim­mung von Durch­schnitts­no­ten nach  der Rück­ga­be von Klas­sen­ar­bei­ten oder sei es bei der gerech­ten Ver­tei­lung von Hilfs­gü­tern: das Auf­tei­len einer Gesamt­heit in gleich­gro­ße Bruch­stü­cke ihrer selbst ist fes­ter Bestand­teil unse­res täg­li­chen Lebens. Gut also, dass die Lösung unse­res Pro­blems kaum weni­ger all­täg­lich und intui­tiv ist: wir tei­len ein­fach zunächst jeden Kuchen in vier Stücke:

Dann nimmt sich jeder der vier Per­so­nen von jedem der fünf Kuchen ein sol­ches Vier­tel­stück mit – Auf­ga­be gelöst!

Das ein­zi­ge klei­ne Pro­blem, das noch ver­bleibt, ist der Umstand, dass kei­ner von den Vie­ren eine ganz­zah­li­ge Anzahl von Kuchen mit­ge­nom­men hat. Statt­des­sen hat jeder fünf Kuchen­vier­tel – oder bes­ser – fünf Vier­tel eines Kuchens bzw. 5⁄4 Kuchen abbekommen.

Bre­chen

Ja, pun inten­ded. So man­cher von Euch, der jetzt beim Anblick eines Zah­len­bruchs spon­tan eine unap­pe­tit­li­che­re Asso­zia­ti­on mit dem Wort „bre­chen” hat­te, wird gera­de an die ver­hass­ten Mathe­stun­den aus der Sekun­dar­stu­fe gedacht haben. Aber Ihr müsst doch zuge­ben: wenn man sich die Kuchen oben (also im Zäh­ler) und die Per­so­nen unten (also im Nen­ner) vor­stellt haben wir bereits das gan­ze Kon­zept der Brü­che zusam­men:Ein Bruch besteht also aus einer gan­zen Zahl oben im Zäh­ler und einer wei­te­ren gan­zen Zahl (außer Null – dazu spä­ter mehr) unten im Nen­ner und beschreibt das, was ent­steht, wenn man jede Ein­heit im Zäh­ler zunächst in die durch den Nen­ner bestimm­te Anzahl an gleich­gro­ßen Bruch­stü­cken zer­legt und anschlie­ßend aus jeder Ein­heit im Zäh­ler genau ein sol­ches Bruch­stück ent­nimmt. Die Bedeu­tung von Vor­zei­chen im Zäh­ler ent­spricht der­je­ni­gen, wie wir sie in Teil 2 die­ser Bei­trags­se­rie für gan­ze Zah­len ken­nen­ge­lernt haben: nega­ti­ve Zäh­ler ste­hen für feh­len­de Ein­hei­ten, posi­ti­ve Zäh­ler für vor­han­de­ne Einheiten.

Schwie­ri­ger wird es, sich einen nega­ti­ven Nen­ner anschau­lich zu erklä­ren. Dazu erin­nern wir uns an die Bedeu­tung der Divi­si­on, wie wir sie in Teil 2 ein­ge­führt haben: „Fünf geteilt durch Vier” ist die Zahl, mit der man Vier mul­ti­pli­zie­ren muss um Fünf zu erhal­ten. „Fünf geteilt durch minus Vier” ist dann die Zahl mit der man Vier feh­len­de Ein­hei­ten mul­ti­pli­zie­ren muss, um Fünf vor­han­de­ne Ein­hei­ten zu erhal­ten. Das kann nur gelin­gen, wenn man die feh­len­den Ein­hei­ten mehr­fach ent­fernt, anstatt sie mehr­fach hin­zu­zu­fü­gen, denn das Ent­fer­nen feh­len­der Ein­hei­ten ent­spricht dem Hin­zu­fü­gen vor­han­de­ner Ein­hei­ten. Kurz: das Ergeb­nis der Divi­si­on „Fünf geteilt durch minus Vier” muss eine nega­ti­ve Zahl sein – als Aus­druck der For­de­rung, dass die durch den (nega­ti­ven) Nen­ner reprä­sen­tier­ten Fehl­stel­len ent­fernt (abge­zo­gen) wer­den müssen.

Ratio­na­le Zahlen

Die Men­ge aller Zah­len, die man als Bruch aus einer gan­zen Zahl im Zäh­ler (also oben) und einer gan­zen Zahl außer Null im Nen­ner (also unten) schrei­ben kann, wird als die Men­ge der „Ratio­na­len Zah­len” bezeich­net und mit „\mathbb{Q} ” abge­kürzt. Wie man die vier Grund­re­chen­ar­ten Addi­ti­on, Sub­trak­ti­on, Mul­ti­pli­ka­ti­on und Divi­si­on für der­ar­ti­ge Brü­che durch­führt, haben wir alle in der Sekun­dar­stu­fe gelernt (nicht jeder von Euch hat das aus­gie­big genos­sen, ich weiß):

  • Addiert wer­den zwei Brü­che, indem man sie auf einen gemein­sa­men Nen­ner bringt, dann die Zäh­ler addiert und die­se Sum­me als neu­en Zäh­ler über den gemein­sa­men Nen­ner schreibt.
  • Sub­tra­hiert wer­den zwei Brü­che, indem man sie auf einen gemein­sa­men Nen­ner bringt, dann die Zäh­ler sub­tra­hiert und die­se Dif­fe­renz als neu­en Zäh­ler über den gemein­sa­men Nen­ner schreibt.
  • Mul­ti­pli­ziert wer­den zwei Brü­che, indem man jeweils die bei­den Nen­ner und die bei­den Zäh­ler mit­ein­an­der mul­ti­pli­ziert. Anschlie­ßend schreibt man das Pro­dukt der Zäh­ler über das Pro­dukt der Nen­ner und erhält so den Ergebnisbruch.
  • Divi­diert wer­den zwei Brü­che, indem man Zäh­ler und Nen­ner im tei­len­den Bruch ver­tauscht und das Resul­tat die­ses Tauschs mit dem zu tei­len­den Bruch wie eben beschrie­ben multipliziert.

Ihr wollt genau­er ver­ste­hen, war­um die eben genann­ten Rechen­vor­schrif­ten so sind, wie sie sind? Vor­bild­lich: dann wäre es mir ja wirk­lich gelun­gen, Eure mathe­ma­ti­sche Neu­gier­de zu wecken. Und noch bes­ser: das kann man alles sogar ziem­lich anschau­lich erklä­ren („als ob – träum wei­ter”). Bit­te schaut Euch dazu mei­nen klei­nen Bei­trag zur Bruch­rech­nung an.

Für unse­ren wei­te­ren Weg auf dem Erkun­dungs­pfad zur Man­del­brot­men­ge ist jeden­falls die Erkennt­nis wich­tig, dass am Ende jeder die­ser Rechen­ope­ra­tio­nen wie­der ein Bruch ent­steht, der eine Gan­ze Zahl im Zäh­ler und eine Gan­ze Zahl (außer der Null) im Nen­ner hat. Damit ist auch klar, dass aus der Addi­ti­on, Sub­trak­ti­on, Mul­ti­pli­ka­ti­on oder Divi­si­on zwei­er Ratio­na­ler Zah­len immer eine Ratio­na­le Zahl ent­steht. Mit kei­ner die­ser Ope­ra­tio­nen ver­las­sen wir jetzt also noch unse­re bekann­te Zahlenwelt.

Etap­pen­ziel erreicht!

Null­num­mer

War­um darf eigent­lich im Nen­ner kei­ne Null ste­hen? Um das zu beant­wor­ten, erin­nern wir uns dar­an, dass ein Bruch der Form a/b für die Divi­si­on „a÷b” steht. Die­se wie­der­um steht für die Zahl, mit der man b mul­ti­pli­zie­ren muss, um a zu erhal­ten. Wenn jetzt aber eine Null im Nen­ner stün­de, ent­sprä­che der Bruch „a/0″ also gera­de der Divi­si­on „0″ und damit der Zahl, mit der ich 0 mul­ti­pli­zie­ren muss, um a zu erhal­ten. Davon aus­ge­hend, dass a nicht selbst Null ist, kann es kei­ne sol­che Zahl geben. Mit was soll man denn auch 0 mul­ti­pli­zie­ren, um etwa 7 zu erhal­ten? Null mal irgend­was ist immer Null. Eine Null im Nen­ner steht also immer für eine Zahl, die es nicht geben kann.

Wirk­lich immer? Was aber, wenn der Zäh­ler auch Null ist? Dann steht der Bruch „0/0” für die Divi­si­on „0÷0”, also für die­je­ni­ge Zahl, mit der ich Null mul­ti­pli­zie­ren muss, um Null zu erhal­ten. So eine Zahl gibt es. Und zwar nicht nur eine. Ich kann Null sogar mit jeder belie­bi­gen Zahl mul­ti­pli­zie­ren und erhal­te immer Null. Also steht „0/0” doch eigent­lich gera­de nicht für eine Zahl, die es nicht geben kann. Wo ist dann das Pro­blem mit „0/0”?

Das Pro­blem mit „0/0” ist eben gera­de, dass die­ser Aus­druck für jede belie­bi­ge Zahl steht und damit wie­der­um kei­nen fest­ge­leg­ten Wert hat (oder, wie die Mathe­ma­ti­ker sagen, nicht defi­niert ist). Mit einem Aus­druck zu rech­nen, der jeden belie­bi­gen Wert anneh­men kann, ist unge­fähr so sinn­voll, wie sich „irgend­wo” für „irgend­wann” zu ver­ab­re­den. Daher kann man also auch nicht mit „0/0” rech­nen – zumin­dest nicht sinnvoll.

Kurz: Fin­ger weg von der Null im Nenner.

Hoch neh­men und Potenz

„Alter, wenn man Dei­ne Abschnitts­über­schrif­ten so liest, bestä­tigt sich ein­mal mehr das gän­gi­ge Vor­ur­teil, dass Nerds ein­fach nie ihrer Puber­tät entwachsen.”

Jaja: Pun wie­der mal inten­ded (Honi soit qui mal y pen­se). So bin ich halt. Aber zur Sache: als wir von den Gan­zen zu den Ratio­na­len Zah­len gelangt sind, geschah das – Ihr erin­nert Euch hof­fent­lich noch – weil wir uns mit einer sche­ma­ti­schen Mehr­fach­aus­füh­rung der Addi­ti­on – näm­lich der Mul­ti­pli­ka­ti­on – beschäf­tigt hat­ten (dar­auf bin ich ja auch am Ende des Bei­trags ziem­lich pedan­tisch her­um­ge­rit­ten). Die zuge­hö­ri­ge Umkehr­ope­ra­ti­on (bes­ser: inver­se Ope­ra­ti­on), die Divi­si­on, wur­de dann zum Sor­gen­kind, weil ihre Ergeb­nis­se in der Regel nicht in den Gan­zen Zah­len lie­gen, was das uns letzt­lich die Ratio­na­len Zah­len beschert hat.

Etwas Ähn­li­ches geschieht, wenn wir uns nun­mehr einer Mehr­fach­aus­füh­rung der Mul­ti­pli­ka­ti­on zuwen­den: dem Poten­zie­ren. Erin­nern wir uns noch­mals kurz an die Ein­füh­rung der Mul­ti­pli­ka­ti­on als mehr­fa­ches Hin­ter­ein­an­der­aus­füh­ren der Addi­ti­on am sei­ner­zei­ti­gen Bei­spiel für „3×5”: wir schrei­ben drei Fün­fen hin­ter­ein­an­der und set­zen jeweils links von jeder die­ser Fün­fen ein Plus­zei­chen. Das Links­äu­ßers­te davon steht dabei für „Null plus…”:

Auf mehr oder weni­ger die­sel­be Wei­se gelangt man nun von der Mul­ti­pli­ka­ti­on zum Poten­zie­ren: mit „53″ ist gemeint, dass man drei Fün­fen hin­ter­ein­an­der schreibt und jeweils links von jeder die­ser Fün­fen ein Mal­zei­chen setzt. Dabei steht das Links­äu­ßers­te davon aller­dings für „Eins mal…”, denn das soge­nann­te „neu­tra­le Ele­ment” der Mul­ti­pli­ka­ti­on (also das­je­ni­ge Ele­ment, das man mit jeder Zahl mul­ti­pli­zie­ren kann, so dass stets wie­der die Zahl selbst ent­steht) ist die Eins und nicht wie bei der Addi­ti­on die Null:

Das Gan­ze mit Kügel­chen wie bei der Mul­ti­pli­ka­ti­on dar­zu­stel­len, wird erheb­lich dadurch erschwert, dass wir es beim Poten­zie­ren sehr schnell mit sehr gro­ßen Zah­len zu tun bekommen:

In der obers­ten Rei­he haben wir die ers­te Fünf (also „ein­mal Fünf”). Die zwei­te Rei­he zeigt das Ergeb­nis der Hin­zu­fü­gung der zwei­ten Fünf (also „ein­mal Fünf mal Fünf” oder auch „Fünf hoch zwei”). Das wären dann schon 25 Kügel­chen. Die drit­te Rei­he zeigt nun, was pas­siert, wenn ich noch eine drit­te Fünf hin­zu­fü­ge (also „ein­mal Fünf mal Fünf mal Fünf” oder auch „Fünf hoch Drei”). Dann sind es schon 125 Kügel­chen. Jeden­falls schreibt man für das obi­ge Bei­spiel in der Mathe­ma­tik übli­cher­wei­se 53 und meint damit also gera­de 5×5×5. Die „5” aus die­sem Bei­spiel heißt dann übri­gens „Basis” und die „3” ist der „Expo­nent” der Potenz.

„ ‚Der Expo­nent der Potenz’? Hal­lo? Liest Du eigent­lich selbst, was Du da so schreibst? Wo ist der Bus mit Leu­ten, die sich für Dei­nen als Mathe­ma­tik getarn­ten Schwein­kram interessieren?”

Hm…also „der Expo­nent der Potenz” – das hat zuge­ge­be­ner­ma­ßen schon irgend­wie eine exhi­bi­tio­nis­ti­sche Kon­no­ta­ti­on. Aber selbst­ver­ständ­lich wäre mir das nie auf­ge­fal­len, wenn Ihr mich nicht dar­auf auf­merk­sam gemacht hättet…

Aber zurück zu unse­ren mathe­ma­ti­schen Poten­zen: nach dem oben Gesag­ten dürf­te offen­sicht­lich sein, dass mit 51 eigent­lich nur 1×5 – also 5 – gemeint sein kann, denn dann steht nur noch eine Fünf da und die gedank­li­che Eins links dane­ben. Eben­falls sol­le dann aber auch klar sein, dass dem­entspre­chend mit 50 nur noch 1 gemeint sein kann, denn dann steht gar kei­ne Fünf mehr (also null Fün­fen) da, und es ver­bleibt nur noch die gedank­li­che Eins.

Man kann die­ses Spiel übri­gens auch noch wei­ter­füh­ren und nega­ti­ve Zah­len als Expo­nen­ten ver­wen­den. Das kann man sich so vor­stel­len: mit jeder Fünf, die ich in obi­gem Bei­spiel her­aus­ge­stri­chen habe, bis ich von 53 zu 50 gekom­men bin, habe ich eigent­lich jedes­mal nichts ande­res gemacht, als durch 5 zu tei­len:Das heißt also, das Ver­rin­gern des Expo­nen­ten um 1 ent­spricht dem Tei­len durch die Basis (in unse­rem Bei­spiel die 5). Dann aber müss­te 5-1 doch nichts ande­res sein als 50÷5, also 1÷5 bzw. 1/5. Und genau­so ist es auch. Dem­entspre­chend ist 5-2 also 5-1÷5, was soviel heißt wie 1/5÷5 und somit 1/25 bzw. 1/(52). All­ge­mein bedeu­tet m-n also nichts ande­res als 1/(mn).

Nach alle­dem soll­te es nicht all­zu schwer sein, der Behaup­tung bei­zu­pflich­ten, dass das Ergeb­nis des Poten­zie­rens einer ratio­na­len Zahl mit einer gan­zen Zahl als Expo­nent immer selbst auch eine ratio­na­le Zahl ist, denn eigent­lich pas­siert beim Poten­zie­ren mit ganz­zah­li­gen Expo­nen­ten ja nichts ande­res als ganz viel Mul­ti­pli­zie­ren (bei posi­ti­ven Expo­nen­ten) oder Divi­die­ren (bei nega­ti­ven Zah­len oder der 0 als Expo­nen­ten). Bei­des lie­fert uns – wie oben fest­ge­stellt – aber immer wie­der ratio­na­le Zah­len, so dass uns auch das Poten­zie­ren einer ratio­na­len Zahl mit einem ganz­zah­li­gen Expo­nen­ten immer eine ratio­na­le Zahl liefert.

Das Poten­zie­ren ist übri­gens alles ande­re als eine rein aka­de­mi­sche Übung. Es beschreibt ins­be­son­de­re die quan­ti­ta­ti­ven Aspek­te natür­li­cher Wachs­tums­pro­zes­se wie etwa die Zell­tei­lung in orga­ni­schem Gewe­be aber auch die Ver­meh­rung von Kapi­tal durch fort­ge­setz­te Ver­zin­sung oder aber die Aus­brei­tung von Epidemien.

Was die Psy­cho­lo­gen jetzt wohl ange­sichts die­ser Bei­spiel­auf­zäh­lung mit Blick auf die Mecha­nik des asso­zia­ti­ven Den­kens sagen würden…

Die Wur­zel des Übels

Ihr ahnt schon, wie es jetzt wei­ter­geht: als nächs­tes kommt natür­lich die Umkehr­ope­ra­ti­on zur eben ein­ge­führ­ten Mehr­fach­aus­füh­rung der bereits ver­trau­ten Ope­ra­ti­on. Und in der Tat: auch das Poten­zie­ren hat eine Umkehr­ope­ra­ti­on. Sie heißt „Wur­zel­zie­hen”, wird „” geschrie­ben und beant­wor­tet die Fra­ge, wel­che Zahl man mit einer vor­ge­ge­be­nen Zahl poten­zie­ren muss, um eine ande­re vor­ge­ge­be­ne Zahl zu erhalten:

Im obi­gen Bei­spiel wäre also die drit­te Wur­zel aus 125 gera­de jene Zahl, die man mit 3 poten­zie­ren muss, um 125 zu erhal­ten. Wir ahnen es: das Ergeb­nis ist „5”, denn wie wir oben gese­hen haben, ist 53 = 5×5×5 = 125.

Jetzt also die sicher schon erwar­te­te Fra­ge: ist die Wur­zel aus einer ratio­na­len Zahl selbst immer eine ratio­na­le Zahl? Ant­wort: nein. Manch­mal ja, aber meis­tens halt nicht. In obi­gem Bei­spiel ist es so, in fol­gen­dem aber nicht:

\sqrt[2]{2}

Den klas­si­schen, rund 2.500 Jah­re alten Beweis dafür, dass die Wur­zel aus Zwei kei­ne ratio­na­le Zahl sein kann, habe ich für die wirk­lich Inter­es­sier­ten unter Euch in einem eige­nen klei­nen Bei­trag aufbereitet.

Mag die­ser Beweis noch so alt­ehr­wür­dig und viel­leicht auch irgend­wie ein­drucks­voll daher­kom­men, aber ganz ehr­lich: nach mei­nem Dafür­hal­ten erklärt er ein­fach nicht so rich­tig inhalt­lich über­zeu­gend, war­um es wirk­lich kei­nen Bruch geben kann, der mit sich selbst mul­ti­pli­ziert 2 ergibt. Daher habe ich mir die Mühe gemacht, die­sen Klas­si­ker der Mathe­ma­tik­his­to­rie noch­mals genau­er auf das War­um hin zu unter­su­chen. Was dabei her­aus­ge­kom­men ist, habe ich eben­falls in einem eige­nen klei­nen Bei­trag auf­be­rei­tet. Ich geste­he in mei­ner gren­zen­lo­sen Beschei­den­heit, dass ich mei­nen dar­in vor­ge­stell­ten Ansatz ziem­lich über­zeu­gend fin­de. Aber wir Nerds haben ja bekannt­lich so unse­re eige­nen Ansich­ten dar­über, was wir als begeis­te­rungs­wür­dig empfinden…

Die Grund­idee hin­ter bei­den Bewei­sen ist jeden­falls die­je­ni­ge, dass weder im Zäh­ler noch im Nen­ner eines jed­we­den Pro­dukts aus zwei Brü­chen Zah­len vor­kom­men kön­nen, deren Tei­ler nicht in den Zäh­lern bzw. Nen­nern der mul­ti­pli­zier­ten Brü­che vor­kom­men. Wenn also die 2 der Zäh­ler des Pro­dukts eines Bruchs mit sich selbst sein soll, muss sie oder ihre Tei­ler im Zäh­ler des mit sich selbst mul­ti­pli­zier­ten Bruchs vor­ge­kom­men sein. Da sie kei­ne Tei­ler außer sich selbst hat, muss sie aber selbst im Zäh­ler des mit sich selbst zu mul­ti­pli­zie­ren­den Bruchs vor­ge­kom­men sein, so dass sie dann gleich zwei­fach im Zäh­ler des Ergeb­nis­bru­ches ste­hen wür­de. Soll eine die­ser bei­den Zwei­en durch Kür­zung mit ent­spre­chen­den Tei­lern des Nen­ners wie­der ver­schwin­den, muss die­ser Tei­ler – und damit die 2 selbst – aus dem Nen­ner des mit sich selbst mul­ti­pli­zier­ten Bruchs stam­men, so dass sie wie­der­um min­des­tens zwei­fach im Nen­ner des Ergeb­nis­ses erscheint und damit gleich bei­de Zwei­en des Zäh­lers durch Kür­zung „neu­tra­li­siert”.

Tol­ler Satz. Ich weiß. Aber er bringt es auf den Punkt – vor­aus­ge­setzt, man ver­steht ihn. Wenn nicht – auch egal. Es geht um die wesent­li­che Erkennt­nis die dar­aus folgt:

Unterm Strich (passt irgend­wie zu Bruch­rech­nung) kommt näm­lich dabei her­aus, dass die Wur­zel aus 2 nicht als Bruch aus zwei gan­zen Zah­len dar­ge­stellt wer­den kann und damit auch kei­ne ratio­na­le Zahl sein kann, denn die­se las­sen sich ja gera­de per defi­ni­tio­nem als Brü­che aus zwei gan­zen Zah­len dar­stel­len. Tat­säch­lich gehört die Wur­zel aus 2 zur soge­nann­ten Men­ge der „Irra­tio­na­len Zah­len”. Die Mathe­ma­ti­ka­ver­sen unter Euch wer­den die­se Bezeich­nung sicher gut fin­den, zumal ihnen wohl die meis­ten Zah­len reich­lich irra­tio­nal vor­kom­men. Die­ses Gefühl trügt Euch übri­gens kei­nes­wegs, denn man kann zei­gen, dass es unfass­bar viel mehr irra­tio­na­le Zah­len als ratio­na­le Zah­len gibt.

Fazit

Schon wie­der haben wir also durch wei­te­res Ein­füh­ren einer neu­en Ope­ra­ti­on als mehr­fa­che Hin­ter­ein­an­der­aus­füh­rung einer bereits ver­trau­ten Ope­ra­ti­on bei Betrach­tung ihrer Umkehr­ope­ra­ti­on fest­ge­stellt, dass deren Ergeb­nis­se im All­ge­mei­nen nicht in unse­rer bis­her bekann­ten Zah­len­welt lie­gen. In der nächs­ten Fol­ge die­ser Bei­trags­se­rie wer­den wir sehen, dass wir die Irra­tio­na­len Zah­len – trotz ihrer sprich­wört­li­chen Irra­tio­na­li­tät – in der Tat zu unse­ren bis­her bekann­ten Zah­len hin­zu­neh­men müs­sen, um sicher­zu­stel­len, dass die Wur­zeln unse­rer Zah­len nicht außer­halb unse­rer bekann­ten Zah­len­welt lie­gen. Und es kommt noch bes­ser: wir wer­den sehen, dass es dann immer noch Rechen­ope­ra­tio­nen gibt, deren Ergeb­nis­se unse­re so erwei­ter­te Zah­len­welt ver­las­sen. Man darf also gespannt sein.

Trotz­dem sind die Ratio­na­len Zah­len alles ande­re als unbe­deu­tend. Tat­säch­lich sind es sogar die Zah­len schlecht­hin, wenn es um das rein nume­ri­sche Rech­nen geht. Weder wir Men­schen noch irgend­ein Com­pu­ter die­ser Welt rech­net letzt­end­lich mit etwas ande­rem als mit ratio­na­len Zah­len. Im Grun­de basiert also die gesam­te Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie auf dem Rech­nen mit ratio­na­len Zah­len. Auch wenn wir die Ratio­na­len Zah­len hier also aus didak­ti­schen Grün­den in bestimm­ter Hin­sicht als unzu­rei­chend abqua­li­fi­ziert haben mögen, soll­ten wir uns daher schon auf­grund ihrer immensen prak­ti­schen Bedeu­tung durch­aus ein gewis­ses Maß an Ehr­furcht vor ihnen bewah­ren. Sie sind die Zah­len unse­res all­täg­li­chen Rechnens.

Alles Lie­be

Dani­el

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