Die Ent­de­ckung Plutos

Hal­lo Ihr Lieben,

wäh­rend New Hori­zons wei­ter Daten sam­melt und daher einst­wei­len nicht viel zur Erde über­trägt, woll­te ich die Gele­gen­heit nut­zen, um auf die Geschich­te der Plu­to-Ent­de­ckung zu spre­chen zu kommen.

Die Idee, dass es außer­halb der Bahn des 1846 ent­deck­ten Nep­tun noch einen zehn­ten neun­ten Pla­ne­ten geben könn­te, wur­de in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts gebo­ren und führ­te schon damals zu ers­ten Ver­su­chen, den ver­steck­ten Pla­ne­ten zu fin­den. Anfang des 20. Jahr­hun­derts for­mu­lier­ten die US-ame­ri­ka­ni­schen Astro­no­men Per­ci­val Lowell (1855 – 1916) und Wil­liam Picke­ring (1858 ‑ 1938) dann die The­se vom „Pla­ne­ten X“, des­sen Exis­tenz sie aus Unre­gel­mä­ßig­kei­ten der Nep­tun­bahn gefol­gert hat­ten, wel­che ihrer Ansicht nach näm­lich von der Gra­vi­ta­ti­ons­wir­kung eines wei­te­ren Pla­ne­ten außer­halb der Nep­tun­bahn her­rüh­ren muss­te. Tat­säch­lich war näm­lich Nep­tun sei­ner­seits ent­deckt wor­den, weil man ähn­li­che Unre­gel­mä­ßig­kei­ten in der Bahn des 1781 ent­deck­ten Ura­nus aus­ge­macht hat­te und anschlie­ßend die Exis­tenz eines ach­ten Pla­ne­ten vor­her­ge­sagt hat­te. Die Bahn­ei­gen­schaf­ten die­ses ach­ten Pla­ne­ten konn­ten dabei anhand der beob­ach­te­ten Stö­run­gen in der Ura­nus­um­lauf­bahn bereits so prä­zi­se berech­net wer­den, dass die Posi­ti­on des ver­mu­te­ten Pla­ne­ten für die nun fol­gen­de Suche rela­tiv genau ein­ge­grenzt wer­den konn­te, so dass Nep­tun schließ­lich ziem­lich genau da ent­deckt wur­de, wo sei­ne Posi­ti­on den Berech­nun­gen nach hät­te sein sollen.

 

Message016_Image001Message016_Image002Auf­grund die­ser Erfah­run­gen mach­te man sich also nun Ende der 1920er Jah­re auf die Suche nach Plu­to. Gefun­den hat ihn dann letzt­lich der damals noch recht jun­ge Astro­nom  Cly­de Tom­baugh (1906 — 1997), sei­ner­zeit Mit­ar­bei­ter am Lowell-Obser­va­to­ri­um (das in der Tat nach sei­nem Grün­der und Pla­net-X-Pro­phe­ten Per­ci­val Lowell benannt ist). Er hat­te den Auf­trag, sys­te­ma­tisch nach Plu­to zu suchen – und zwar genau da, wo er auf­grund eben jener Vor­her­sa­gen sein müss­te, die man anhand der beob­ach­te­ten Unre­gel­mä­ßig­kei­ten der Nep­tun-Bahn berech­net hatte.

Tom­baugh hat­te sich schon in den Jah­ren zuvor bei der Suche nach Klein­pla­ne­ten und Aste­ro­iden eine gehö­ri­ge Rou­ti­ne im Umgang mit dem sei­ner­zeit dafür gän­gi­gen Such­ver­fah­ren gemacht: dem soge­nann­ten Message016_Image003Blink­kom­pa­ra­tor“. Bei die­sem han­delt es sich um eine opti­sche Ein­rich­tung, mit der man zwei Foto­plat­ten abwech­selnd ins Gesichts­feld des Betrach­ters ein­blen­den kann. Nimmt man nun zwei Auf­nah­men ein- und der­sel­ben Him­mels­re­gi­on, die jedoch zu unter­schied­li­chen Zeit­punk­ten gemacht wur­den, so kann man durch fort­wäh­ren­des Hin- und Her­schal­ten zwi­schen die­sen Auf­nah­men Objek­te erken­nen, die sich in der Zeit zwi­schen den bei­den Auf­nah­men bewegt haben. Da Ster­ne sich in sol­chen kur­zen Zeit­räu­men nicht erkenn­bar bewe­gen, muss es sich bei den so ent­deck­ten beweg­ten Objek­ten um beweg­li­che Him­mels­kör­per unse­res Son­nen­sys­tems handeln.

Nach­dem Tom­baugh sich nun also Wochen und Mona­te auf der Suche nach dem Pla­ne­ten X die Näch­te am Blink­kom­pa­ra­tor um die Ohren gehau­en hat­te, wur­de er am 18. Febru­ar 1930 end­lich fün­dig! Die bei­den am 23. bzw. 29. Janu­ar 1930 auf­ge­nom­me­nen Foto­plat­ten, die er dazu im Blink­kom­pa­ra­tor betrach­tet hat, sind auf fol­gen­dem Bild zu sehen:

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Der Pfeil zeigt dabei auf den klei­nen Plu­to, der sich in der Tat sicht­lich bewegt hat. Aller­dings braucht man schon die Rou­ti­ne eines Cly­de Tom­baugh, um die Ver­än­de­run­gen auf bei­den Auf­nah­men rich­tig zu inter­pre­tie­ren. Eine Ani­ma­ti­on, bei der bei­de Auf­nah­men – wie im Blink­kom­pa­ra­tor – hin- und her­ge­schal­tet wer­den, fin­det Ihr hier: http://ircamera.as.arizona.edu/NatSci102/NatSci102/lectures/pluto.htm. Ver­sucht mal, Plu­to auf der nicht mit dem Pfeil ver­se­he­nen Ver­si­on zu entdecken…

Übri­gens ist der Name „Plu­to“ offi­zi­ell am 1.5.1930 ver­ge­ben wor­den, und zwar im Rah­men eines Wett­be­werbs, bei dem sich die 2009 ver­stor­be­ne, damals jedoch erst 11-jäh­ri­ge­Ve­ne­tia Bur­ney aus Eng­land mit dem Vor­schlag „Plu­to“ durch­ge­setzt hat. Der Name pass­te offen­bar so gut, weil er zum einen Bezug auf den zur Unsicht­bar­keit fähi­gen römi­schen Gott der Unter­welt nimmt und zum ande­ren sei­ne  Anfangs­buch­sta­ben wahl­wei­se den Initia­len von Per­ci­val Lowell oder den ers­ten Buch­sta­ben von „Picke­ring“ und „Lowell“ entsprechen.

Inter­es­san­ter­wei­se hat sich zwi­schen­zeit­lich her­aus­ge­stellt, dass Plu­to viel zu klein ist, um für die beob­ach­te­ten Bahn­un­re­gel­mä­ßig­kei­ten von Nep­tun ver­ant­wort­lich sein zu kön­nen. Heu­te weiß man, dass die ver­meint­li­chen Unre­gel­mä­ßig­kei­ten in der Tat dar­auf zurück­zu­füh­ren sind, dass man die Mas­se des Nep­tun sei­ner­zeit zu groß ein­ge­schätzt hat­te. Nach dem Nep­tun-Vor­bei­flug von Voy­a­ger 2 im Jah­re 1990 wur­de die Nep­tun­mas­se genau bestimmt und fiel dabei deut­lich klei­ner aus, als zu Lowell und Picke­rings Zei­ten ver­mu­tet. Mit der tat­säch­li­chen Mas­se des Nep­tuns lässt sich sei­ne beob­ach­te­te Bahn pro­blem­los ohne den Ein­fluss eines zehn­ten neun­ten Pla­ne­ten erklä­ren. Inso­fern ist die Ent­de­ckung Plu­tos also eigent­lich ein erstaun­li­cher Zufall.

Ein klei­ner Teil der Asche des 1997 ver­stor­be­nen Cly­de Tom­baugh wur­de übri­gens mit New Hori­zons zum Plu­to geschickt – eine bewe­gen­de Ehrung für die­sen flei­ßi­gen jun­gen Mann, der „sei­nen“ Pla­ne­ten damit sym­bo­lisch aus der Nähe betrach­ten durf­te. Ob er die 2006 beschlos­se­ne Degra­die­rung von Plu­to zum Klein­pla­ne­ten akzep­tiert hät­te, ist offen. Zeit sei­nes Lebens hat er sich dage­gen ver­wahrt, aber sei­ne 2012 ver­stor­be­ne Frau Patri­cia hat nach der Ent­schei­dung von 2006 erklärt, dass er die­se Neu­de­fi­ni­ti­on nach ihrer Über­zeu­gung letzt­lich doch akzep­tiert hät­te, nach­dem man bis dahin eine Rei­he wei­te­rer Plu­to-ähn­li­cher Objek­te im Kui­per-Gür­tel ent­deckt hatte.

Alles Lie­be

Dani­el

 

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