Was es sonst noch so aus dem Son­nen­sys­tem zu berich­ten gibt – Teil 3

Hal­lo Ihr Lieben,

wäh­rend wir wei­ter auf den lang­at­mi­gen Down­load der vie­len in New Hori­zons gespei­cher­ten Daten war­ten müs­sen (sie­he mei­nen Ein­trag vom 14.07.2015), möch­te ich mei­ne Bericht­erstat­tung über wei­te­re lau­fen­de Mis­sio­nen zur Erfor­schung des Son­nen­sys­tems fortsetzen.

Nach­dem wir uns das letz­te Mal noch mit dem Mars beschäf­tigt haben, soll es dies­mal um einen wei­ter ent­fern­ten Pla­ne­ten gehen: den Saturn.

Jeder von Euch hat sicher irgend­ein Bild von die­sem haupt­säch­lich durch sei­nen Ring bekann­ten Pla­ne­ten im Kopf – und sei es ein­fach nur auf­grund des Logos eines bekann­ten Elek­tro­nik-Kauf­hau­ses. Bevor Saturn aller­dings von Raum­son­den besucht wur­de, wuss­te man nicht beson­ders viel über die­sen sicher auf­fäl­ligs­ten aller Pla­ne­ten im Son­nen­sys­tem. Die bes­ten Auf­nah­men, die man bis dahin von der Erde aus gemacht hat­te, sahen in etwa so aus:

Saturn_Catalina

Man kann­te damals neun Mon­de des Saturn und die Cas­si­ni­sche Tei­lung des Rings. Außer­dem hat­te man aus diver­sen Beob­ach­tungs­da­ten geschlos­sen, dass der größ­te Saturn­mond, Titan, eine dich­te Atmo­sphä­re haben muss. Wei­te­re Geheim­nis­se waren dem ring­be­wehr­ten Gas­rie­sen (wel­cher der Erde nie­mals näher als 1,2 Mil­li­ar­den Kilo­me­ter kommt, im Schnitt jedoch rund 1,45 Mil­li­ar­den Kilo­me­ter von der Erde ent­fernt ist) mit den Mit­teln der erd­ge­bun­de­nen Beob­ach­tung bis in die 1970er Jah­re ein­fach nicht zu entlocken.

Das änder­te sich erst mit der am am 6.4.1973 gestar­te­ten Son­de Pio­neer 11, die den Saturn am 1.9.1979 in einer Höhe von 21.000km über des­sen obers­ten Wol­ken­spit­zen pas­sier­te. Im Rah­men die­ses Fly­Bys ent­stan­den unter ande­rem ein paar Auf­nah­men des Pla­ne­ten, sei­ner Rin­ge und eini­ger sei­ner Mon­de. Außer­dem ent­deck­te Pio­neer 11 zwei wei­te­re Mon­de des Saturn (mit einem von bei­den – ver­mut­lich  Epi­me­theus – wäre die Son­de bei­na­he kol­li­diert) und einen bis dato unbe­kann­ten Ring.

Auf­grund der aus heu­ti­ger Sicht reich­lich pri­mi­ti­ven Bild­ge­win­nungs- und Auf­zeich­nungs­ver­fah­ren, die bei die­ser Son­de noch ver­wen­det wur­den, fie­len die sei­ner­zeit zur Erde über­tra­ge­nen Bil­der ent­spre­chend unspek­ta­ku­lär aus:

Saturn
Rin­ge des Saturn
Titan

Dazu muss man aller­dings erwäh­nen, dass Pio­neer 11 – wie der Name ja auch schon sug­ge­riert – haupt­schlich als Vor­hut für wei­te­re Mis­sio­nen gedacht war, um über­haupt erst ein­mal fest­zu­stel­len, inwie­weit eine Raum­son­de den Weg zum Saturn, der ja ins­be­son­de­re durch den Aste­ro­iden­gür­tel führt,  unbe­scha­det über­ste­hen kann.

Nach­dem dies nun mit Hil­fe von Pio­neer 11 sicher­ge­stellt wer­den konn­te, wur­de dann 1977 die ers­te eigent­li­che For­schungs­mis­si­on für die Pla­ne­ten jen­seits des Aste­ro­iden­gür­tels gestar­tet: Voy­a­ger 1 und 2. Voy­a­ger 1 flog dabei nach­ein­an­der zu Jupi­ter und Saturn, wäh­rend Voy­a­ger 2 die soge­nann­te „Grand Tour” abge­flo­gen hat: auf­grund einer sel­te­nen Kon­stel­la­ti­on der vier Gas­pla­ne­ten konn­te Voy­a­ger 2 durch soge­nann­te „Gra­vi­ty assists” so geschickt an den ein­zel­nen Pla­ne­ten vor­bei­ge­führt wer­den, dass die Flug­bahn der Raum­son­de durch die Schwer­kraft des gera­de besuch­ten Pla­ne­ten zum jeweils nächs­ten Pla­ne­ten umge­lenkt wer­den konn­te. Auf die­se Wei­se pas­sier­te Voy­a­ger 2 am 25.4.1979 den Jupi­ter, am 5.6.1981 den Saturn, am 4.11.1985 den Ura­nus und schließ­lich am 5.6.1989 den Neptun.

Die Flug­bah­nen von Voy­a­ger 1 und 2

Die dabei jeweils erfass­ten Daten und Auf­nah­men sind bis heu­te die Refe­renz für alle Pla­ne­ten­mis­sio­nen, die anschlie­ßend gestar­tet wur­den und von Ura­nus und Nep­tun gibt es bis heu­te kei­ne bes­se­ren Daten. Über­haupt darf die Voy­a­ger-Mis­si­on (die übri­gens bis heu­te als „Voy­a­ger Inter­stel­lar Mis­si­on” wei­ter­läuft) mit Fug und Recht als eine der erfolg­reichs­ten Welt­raum­mis­sio­nen über­haupt bezeich­net wer­den. Voy­a­ger 1 ist seit dem 17.2.1998 das am wei­tes­ten von der Son­ne ent­fern­te men­schen­ge­mach­te Objekt. Der­zeit (Sep­tem­ber 2015) beträgt die Ent­fer­nung zur Son­ne bereits über 19,8 Mil­li­ar­den Kilo­me­ter und jede Sekun­de kom­men wei­te­re 17 Kilo­me­ter und damit täg­lich über 1,4 Mil­lio­nen Kilo­me­ter dazu!

Jeden­falls wur­den im Jahr 1981 von den Voy­a­ger-Son­den , die übri­gens die drei bis dahin unbe­kann­ten Mon­de des Saturn Atlas, Pro­me­theus und Pan­do­ra ent­deck­ten, eine Rie­he spek­ta­ku­lä­rer Auf­nah­men von Saturn, sei­nen Rin­gen und sei­nen Mon­den gemacht:

Saturn
„Spei­chen” in den Rin­gen des Saturn
Atmo­sphä­re des Mon­des Titan
Der Mond Enceladus

Doch haben Fly­By-Mis­sio­nen wie Voy­a­ger natür­lich immer den Nach­teil, dass die Ver­weil­dau­er am jewei­li­gen Pla­ne­ten denk­bar kurz ist. Sys­te­ma­ti­sche Beob­ach­tun­gen der ein­zel­nen Him­mels­kör­per über län­ge­re Zeit­räu­me, aus denen sich ganz ande­re Erkennt­nis­se ablei­ten las­sen, als aus den bei einem Fly­By gewon­nen Moment­auf­nah­men, sind dage­gen nur mög­lich, wenn man die Raum­son­de in eine Umlauf­bahn um den Pla­ne­ten lenkt und sie dort über Jah­re hin­weg Daten sam­meln und Bil­der auf­neh­men lässt.

Bezo­gen auf Saturn war genau dies das Ziel der am 15.10.1997 gestar­te­ten Cas­si­ni-Huy­gens-Mis­si­on, der letz­ten der „gro­ßen” Welt­raum­mis­sio­nen (Gesamt­kos­ten bis­her: 3,288 Mil­li­ar­den US-Dol­lar), die noch vom groß­zü­gi­gen NASA-Bud­get im Nach­gang des Mond­wett­laufs profitierten.

Dem­entspre­chend wur­de bei Cas­si­ni noch regel­recht geklotzt, was Grö­ße und Aus­stat­tung angeht: mit über 5,3 Ton­nen Start­mas­se ist Cas­si­ni die schwers­te US-Raum­son­de, die jemals gebaut wur­de und die äuße­ren Maße (6,7 Meter lang und 4 Meter breit) sind in etwa mit denen eines auto­mo­bi­len Klein­trans­por­ters vergleichbar:

Cas­si­ni bei der Montage

Die­se für eine Raum­son­de gera­de­zu gigan­ti­schen Aus­ma­ße führ­ten dazu, dass Cas­si­ni nicht allei­ne mit Hil­fe ihrer Trä­ger­ra­ke­te auf die Geschwin­dig­keit von 15,1 km/s gebracht wer­den konn­te, die nötig wäre, um Saturn auf dem Direkt­flug zu errei­chen. Statt­des­sen muss­te Cas­si­ni zwei­mal (April 1998 und Juni 1999) an der Venus und noch ein­mal (August 1999) an der Erde vor­bei­ge­führt wer­den, um sich durch die Schwer­kraft die­ser bei­den Him­mels­kör­per den nöti­gen Schwung für die zu errei­chen­de Flug­ge­schwin­dig­keit zu holen.

Am 30.06.2004 konn­te Cas­si­ni dann schließ­lich mit Hil­fe ihrer Brems­ra­ke­ten erfolg­reich als ers­tes men­schen­ge­mach­tes Objekt in die Saturn-Umlauf­bahn ein­ge­bremst wer­den, wo sie prak­tisch sofort anfing, den Saturn, sei­ne Rin­ge und sei­ne Mon­de zu beob­ach­ten. Dabei ent­de­cke Cas­si­ni die bei­den bis dahin unbe­kann­ten „Mini”-Monde „Metho­ne” und „Pal­le­ne”, die bei­de einen mitt­le­ren Durch­mes­ser von nur weni­gen Kilo­me­tern haben.

Am 25.12.2004 wur­de die von Cas­si­ni „hucke­pack” mit beför­der­te euro­päi­sche Son­de „Huy­gens” abge­trennt und in Rich­tung Titan beschleu­nigt, des­sen äuße­re Atmo­sphä­ren­schich­ten sie am 14.1.2005 erreich­te. Anschlie­ßend wur­de Huy­gens mit Hil­fe von Hit­ze­schild und Fall­schirm bis auf 5m/s abge­bremst, so dass sie um 13:34 mit­tel­eu­ro­päi­scher Zeit hart aber unver­sehrt auf der Tita­nober­flä­che auf­set­zen konn­te. All das geschah voll­au­to­ma­tisch – ein Funk­si­gnal von der Erde benö­tigt ca. eine Stun­de und zwan­zig Minu­ten zum Saturn. Huy­gens ist damit also zum ers­ten mal in der Geschich­te die Lan­dung auf einem Mond außer­halb der Erd­um­lauf­bahn und zudem auf einem Him­mels­kör­per gelun­gen, der wei­ter ent­fernt ist, als jeder ande­re, auf dem bis­lang men­schen­ge­mach­te Objek­te gelan­det sind!

Kur­ze Zeit spä­ter sand­te Huy­gens die­se Auf­nah­me von der Ober­flä­che des Titans zurück:

Spä­ter konn­te die­se Auf­nah­me dann durch Farb­infor­ma­tio­nen ergänzt werden:

Aber auch wäh­rend des Abstiegs zur Ober­flä­che hat Huy­gens Auf­nah­men gemacht, die in fol­gen­dem Video als Ani­ma­ti­on der Lan­dung ver­ar­bei­tet wur­den (was mir dar­an beson­ders gefällt, ist die musi­ka­li­sche Unter­ma­lung mit dem ers­ten Satz aus Beet­ho­vens vier­tem Kla­vier­kon­zert, des­sen Genia­li­tät der­je­ni­gen der Inge­nieurs­kunst hin­ter der Titan­lan­dung in nichts nachsteht):

Dass die­se Daten über­haupt von Huy­gens an Cas­si­ni und von dort wei­ter zur Erde über­tra­gen wer­den konn­ten, war übri­gens das Ergeb­nis einer Not­maß­nah­me, die getrof­fen wer­den muss­te, nach­dem sich bei einem Rou­ti­ne­test wäh­rend des Flu­ges von Cas­si­ni zum Saturn im Febru­ar 2000 gezeigt hat­te, dass Cas­si­nis Kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­la­ge über 90% des von Huy­gens aus­ge­sen­de­ten Fre­quenz­spek­trums nicht emp­fan­gen wür­de, da bei der Pla­nung der Funk­ver­bin­dung zwi­schen den bei­den Son­den der Dopp­ler­ef­fekt nicht berück­sich­tigt wor­den war. Das führ­te dazu, dass die von Huy­gens abge­strahl­ten Funk­si­gna­le nicht auf dem­sel­ben Fre­quenz­band bei Cas­si­ni ankom­men wür­den, auf dem sie aus­ge­sen­det wer­den. Als die­ser ekla­tan­te Pla­nungs­feh­ler schließ­lich erkannt wur­de, nahm man in den Fol­ge­jah­ren sys­te­ma­tisch Kor­rek­tu­ren an Cas­si­nis Flug­bahn vor, mit denen erreicht wer­den konn­te, dass Cas­si­ni wäh­rend der Huy­gens-Lan­dung eine deut­lich gerin­ge­re rela­ti­ve Geschwin­dig­keit zu Huy­gens hat­te, so dass der Dopp­ler­ef­fekt weni­ger stark zum tra­gen kam.

Ansons­ten hat Cas­si­ni bis heu­te eine immense Fül­le an Daten und Bil­dern vom Saturn zur Erde gesandt, von denen ich Euch im Fol­gen­den ein paar High­lights prä­sen­tie­ren möchte:

Der Mond Phoebe
Der Mond Japetus
Von Kleinst­mon­den her­vor­ge­ru­fe­ne Ver­for­mun­gen des F‑Rings
Saturn wäh­rend der Tagundnachtgleiche
Saturns Rin­ge im Sonnenlicht
Rie­sen­wol­ke über Titans Nordpol
Ver­ti­kal­struk­tu­ren im B‑Ring
„Itha­ca Chas­ma” – ein Can­yon auf dem Mond Tethys
Ring mit vier Mon­den (Epi­me­theus, Janus, Pro­me­theus und Atlas)

Vie­le wei­te­re spek­ta­ku­lä­re Auf­nah­men fin­det Ihr auf der Mis­si­ons-Web­site des JPL unter: http://saturn.jpl.nasa.gov/photos/halloffame/.

Wegen der begrenz­ten Lebens­dau­er von Cas­si­nis Radio­nu­kleid­bat­te­rien (Ihr erin­nert Euch: eine Art Mini­kern­kraft­werk als Ener­gie­quel­le) wird die Cas­si­ni-Mis­si­on noch etwa zwei Jah­re wei­ter­lau­fen. Am 15.9.2017 soll Cas­si­ni dann in der obe­ren Saturnat­mo­sphä­re kon­trol­liert zum Ver­glü­hen gebracht wer­den, um zu ver­hin­dern, dass sie irgend­wann auf einen der Mon­de stürzt und die­sen mit even­tu­ell von der Erde ein­ge­schlepp­ten Mikro­or­ga­nis­men kontaminiert.

Alles Lie­be

Dani­el

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